Und doch lassen sich selbstverständlich Gründe und Zwecke benennen – über die ich derzeit noch einmal vermehrt nachdenke, die ich zu systematisieren und dann, wie und wo auch immer, zu formulieren versuche. Was ich grundsätzlich sagen kann: Gründe und Zwecke reservativer Interpretation und Praxis, die sich angeben lassen, sind ausschließlich innerwirklicher, also vorletzter, damit bedingter und relativer Natur. Dass man die Gründe reservativen Lebens für überzeugend und bindend hält, setzt das voraus, was Nietzsche intellektuelle Redlichkeit nennt. Der entscheidende Grund ist das Ende weltwirklicher Gültigkeiten am Ende des Zeitalters der Gleich-Gültigkeit. Dass man die Zwecke reservativen Lebens für überzeugend und bindend hält, setzt die Anerkenntnis dessen voraus, was Blumenberg Absolutismus der Wirklichkeit nennt. Der entscheidende Zweck ist die Freiheit von der kontingenten und unbeherrschbaren Eigenmacht der Weltwirklichkeit. Diese Freiheit wiederum hat Folgen für das Sein in der Welt und für die Weltwirklichkeit selbst. Nicht letzte, aber immerhin vorletzte Folgen.
Anmerkung: Mit der Frage nach Warum und Wozu lässt sich ja bereits reformatorische Theologie konfrontieren. Und schon die Reformatoren können, streng genommen, keine letzten Gründe und keine letzten Zwecke ihres Denkens und Lebens mehr benennen.
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