Zwei weitere Intuitionen bei der Weber-Lektüre: Die Entdeckung ist immer wieder schrecklich ernüchternd, dass mein vermeintliches Ich, meine vermeintliche Identität und die ihr eigentümlichen interpretatorischen und praktischen Rationalitäten wenig mit individueller Authentizität oder gar mit Wahrheit zu tun haben. Sie sind in hohem, vielleicht in überwiegendem Maße Kulturprodukt. Mein Kontext schafft mich zu seinem Bilde.
Und eine zweite Entdeckung ist immer wieder schrecklich ernüchternd: Dort, wo das reservativ begriffene Evangelium die geronnenen Interpretationen und Praktiken durchbricht (Paulus, Luther), wird es sogleich vom übermächtigen Strom der Kulturentwicklung erfasst, transformiert und den Gesetzen der Weltwirklichkeit dienstbar gemacht. Das dämpft alle Hoffnungen für ein kommendes postsäkulares Zeitalter.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen