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Freitag, 24. März 2017

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Wer sich in Gebirge wie die „Protestantische Ethik“ hineingräbt, der stößt unvermeidlich auf kleine, bei der letzten Grabung übersehene Goldklumpen.

Max Weber macht in einer Fußnote auf die aus dem Geist des calvinistischen Puritanismus hervorgegangene Haltung und Praxis der reserve (Zurückhaltung, Vorbehalt) aufmerksam. Die puritanische reserve hat, über die begriffliche Nähe hinaus, zumindest phänomenologisch einige Ähnlichkeiten mit dem, was ich hier als reservatives Leben anzudeuten versuche.
Allerdings ist die reserve noch religiös (offenbarungspositivistisch) begründet und läuft daher auf eine rationale Disziplinierung insbesondere der Leidenschaften und auf einen geradezu mechanischen Weltbearbeitungsaktivismus hinaus. Mit Freiheit im paulinischen Sinne hat die puritanische reserve also nur (noch) wenig zu tun.
Und doch macht diese reserve noch einmal das sichtbar, was ich in Nr. 26 bereits angedeutet habe: In meinem eigenen, reservativen Denken lassen sich durchaus calvinische Denkstrukturen ausmachen. In gewissem Sinne ist Reservation ein alter Hut.

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