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Freitag, 3. März 2017

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Das deutsche Wissenschaftssystem zwingt im zunehmend funktionalistisch-ökonomistischen Modus des Fortschritts auch die sogenannten Geisteswissenschaften zu dem, was man Forschung nennt. Das System unterdrückt damit zugleich das Denken.

Zweifellos bedarf das Denken der Forschung im Sinne einer interpretierenden Auseinandersetzung mit bereits Gedachtem. Im Denken fortschreiten meint aber heute mehr denn je, Gedachtes zu verlieren, loslassen zu müssen. Denken war schon immer ein fortschreitender Prozess der Vereinsamung. Heute kommt verschärfend hinzu: Denken kann nichts anderes mehr sein, als ein fortschreitender Prozess der Ent-Gründung, des ersatzlosen Verlustes von Gründen. Wer heute noch (oder wieder) Gründe findet und vorbringt, der kann damit rechnen, dass das System ihn belohnt. Der kann jedoch nicht mehr ernsthaft annehmen, intellektuell redlich (Nietzsche) gedacht zu haben.
Agamben behauptet, das abendländische Denken sei im Grunde nichts anderes als eine unausgesetzte Auseinandersetzung mit dem Messianischen. Das ist richtig, und kein intellektuell redliches Denken wird dieser Herausforderung je ausweichen können. Das Messianische heute erneut und neu zu denken kann allerdings nur noch meinen, sich der Torheit des messianischen Ereignisses ungeschützt zu stellen, vor dem Wahnsinn dieses Ereignisses nicht mehr in Gründe zu fliehen (wie es Religion und Metaphysik des Abendlandes immer wieder getan haben). Wer sich diesem Wagnis im Denken voranschreitend aussetzt, auf den kann der Fortschritt der Wissenschaften, auf den kann der funktionalistisch-ökonomistische Fortschritt insgesamt nur schmerzhaft verstörend wirken.

Schluss: Wer denkt, ist im deutschen Wissenschaftssystem merkwürdig fehl am Platze. Der ist zumindest zu einer spannungsreichen Doppelexistenz genötigt.

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