Samstag, 16. April 2016
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Jede Straßenkreuzung, vor allem jede Verkehrssituation, in der das, was zu tun oder zu lassen ist, sich nicht unmittelbar erschließt, erinnert mich daran, dass unser Zusammenleben irgendwie koordiniert werden muss. Gesetz und Recht, die wir zu diesem Zweck gebrauchen, sind gewachsen aus der religiös-metaphysischen Tradition, haben also repräsentativen Charakter. Sie formulieren Gültigkeiten, aus denen wir Ansprüche ableiten – Ansprüche, mit deren Hilfe wir etwas einfordern oder die es uns ermöglichen, fremde Ansprüche zurückzuweisen. Gesetz und Recht, wie wir sie kennen und anwenden, sind demnach ihrem Wesen nach konfrontativ, auf Streit oder gar auf Krieg angelegt. Lassen sich Gesetz und Recht auch reservativ denken? Lassen sie sich als Ungültigkeiten begreifen, die uns gerade nicht dazu zwingen, unser Zusammenleben in der Mechanik von Anspruchsdurchsetzung und Anspruchsabwehr zu kordinieren? Lassen sie sich als Formulierung einer im besten Sinne des Wortes not-wendigen Gabe verstehen, die selbst wiederum nicht Pflicht ist?
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