Ein Bauer läuft mit seiner Frau eine einsame staubige Straße entlang. Ein mongolischer Krieger reitet heran und hält die beiden auf. Der Krieger kündigt an, er werde nun die Frau des Bauern vergewaltigen. Dabei solle der Bauer ihm die Hoden hochhalten – weil die Straße so staubig sei. Nachdem der Mongole sein Werk verrichtet hat und fortgeritten ist, springt der Bauer plötzlich fröhlich auf und klatscht in die Hände. Seine Frau ist entsetzt: „Wie kannst du dich freuen, wo ich doch gerade in deiner Gegenwart vergewaltigt wurde?“ „Ich habe es dem Kerl gezeigt!“, ruft der Bauer. „Ich habe seine Eier mit Staub eingeschmiert!“
Die linke Theorie, so Žižek, sei heute in einer ganz ähnlichen Lage, wie der Bauer: Sie sei davon überzeugt, dem politisch und ökonomisch dominanten System der Gegenwart schwere Schläge zu versetzen. Tatsächlich aber streue sie mit Begriffen wie „Dekonstruktion“ oder „Schutz individueller Freiheiten“ lediglich ein wenig Staub auf seine Weichteile. Es komme nun darauf an, endlich einen Schritt weiter zu gehen: Habe das linke politische Denken die Eier der Mächtigen in den modernen liberal-demokratischen Gesellschaften bislang bloß mit Staub beschmutzt, so sei es an der Zeit, ihnen die Eier abzuschneiden (Anmerkung: Žižek hat ganz recht. Dekonstruktion kann leicht als kokett-ironische Anomalie wahrgenommen und rasch ins politische System integriert werden).
Spätestens an dieser Stelle trennen sich die Wege von Žižeks linker Theorie und paulinischem Messianismus. Die Analyse des modernen imperialistischen Systems, in dem die alte Pax Romana im Schafspelz des Menschenrechts wiederkehrt, ist durchaus vergleichbar. An dem, was daraus politisch folgt, scheiden sich jedoch die (heiligen) Geister. Denn in paulinischer Sicht müssen den Mächtigen dieser Welt die Eier gar nicht abgeschnitten werden. Alle weltwirklichen Repräsentanten und Repräsentationen von irgendwem und irgendwas werden vielmehr so angeschaut, als wären ihnen die Eier längst abgeschnitten, als wären sie ihres Gemächts, ihrer Macht längst „entkleidet“ und „öffentlich zur Schau gestellt“ (Kol 2,15).
Das ist die stille subversive Pointe der ersten 7 Verse des 13. Kapitels im Paulusbrief an die Römer. Es darf nicht vergessen werden, dass Paulus auch ein höchst geschickt agierender Politiker ist. Mit guten Gründen schmuggelt er die scheinbar so staatstragenden Floskeln mitten hinein in seine Überlegungen zum Leben der ekklēsía jenseits des Gesetzes, zum Leben in der messianischen Liebe. Paulus ist um die Sicherheit der römischen ekklēsía besorgt. Sollte sein Brief in die falschen Hände geraten, könnten ein paar Phrasen im Sinne der Herrschenden entlastend wirken. Von der ekklēsía selbst muss Paulus annehmen, dass sie seine Phrasen gar nicht falsch verstehen kann: „Ihr wisst doch, dass ihr die Herrschenden im Messias so anschauen dürft, als wäre ihre Macht bereits ungültig. Also – lasst sie doch ruhig herrschen und ihr nichtiges Gewaltgeschäft im Dienste des vermeintlich Guten verrichten. Untereinander handhabt ihr es aber bitte zugleich ganz anders."
Spätestens an dieser Stelle trennen sich die Wege von Žižeks linker Theorie und paulinischem Messianismus. Die Analyse des modernen imperialistischen Systems, in dem die alte Pax Romana im Schafspelz des Menschenrechts wiederkehrt, ist durchaus vergleichbar. An dem, was daraus politisch folgt, scheiden sich jedoch die (heiligen) Geister. Denn in paulinischer Sicht müssen den Mächtigen dieser Welt die Eier gar nicht abgeschnitten werden. Alle weltwirklichen Repräsentanten und Repräsentationen von irgendwem und irgendwas werden vielmehr so angeschaut, als wären ihnen die Eier längst abgeschnitten, als wären sie ihres Gemächts, ihrer Macht längst „entkleidet“ und „öffentlich zur Schau gestellt“ (Kol 2,15).
Das ist die stille subversive Pointe der ersten 7 Verse des 13. Kapitels im Paulusbrief an die Römer. Es darf nicht vergessen werden, dass Paulus auch ein höchst geschickt agierender Politiker ist. Mit guten Gründen schmuggelt er die scheinbar so staatstragenden Floskeln mitten hinein in seine Überlegungen zum Leben der ekklēsía jenseits des Gesetzes, zum Leben in der messianischen Liebe. Paulus ist um die Sicherheit der römischen ekklēsía besorgt. Sollte sein Brief in die falschen Hände geraten, könnten ein paar Phrasen im Sinne der Herrschenden entlastend wirken. Von der ekklēsía selbst muss Paulus annehmen, dass sie seine Phrasen gar nicht falsch verstehen kann: „Ihr wisst doch, dass ihr die Herrschenden im Messias so anschauen dürft, als wäre ihre Macht bereits ungültig. Also – lasst sie doch ruhig herrschen und ihr nichtiges Gewaltgeschäft im Dienste des vermeintlich Guten verrichten. Untereinander handhabt ihr es aber bitte zugleich ganz anders."
Zwischenbemerkung: Das 13. Kapitel des Römerbriefes ist das wohl herausragende Beispiel dafür, welch tragische Konsequenzen es haben kann, wenn paulinische Texte repräsentativ und nicht reservativ interpretiert werden. Ganze Kulturen sind damit auf die falsche Fährte religiös begründeter Obrigkeitshörigkeit gesetzt worden.
Vielleicht ist es an der Zeit, den von Paulus im Römerbrief hintergründig angedeuteten Weg politischer Subversion noch einmal neu ins Auge zu fassen – gerade auch im Gegenüber zur linken politischen Theorie der Gegenwart. Allerdings ist damit etwas gefordert, was der Linken schon immer fremd war: die in der Ungültigkeitsinterpretation enthaltene Bereitschaft, um des messianischen Glaubens willen zu leiden.
Übrigens – nur zur Erinnerung: Die Herrschenden heute, so sagt man uns, das sind wir selbst, das sogenannte Volk. Die "da oben" repräsentieren uns ja bloß. So will es das System. Die Frage lautet also: Wie subvertieren wir uns selbst?
Vielleicht ist es an der Zeit, den von Paulus im Römerbrief hintergründig angedeuteten Weg politischer Subversion noch einmal neu ins Auge zu fassen – gerade auch im Gegenüber zur linken politischen Theorie der Gegenwart. Allerdings ist damit etwas gefordert, was der Linken schon immer fremd war: die in der Ungültigkeitsinterpretation enthaltene Bereitschaft, um des messianischen Glaubens willen zu leiden.
Übrigens – nur zur Erinnerung: Die Herrschenden heute, so sagt man uns, das sind wir selbst, das sogenannte Volk. Die "da oben" repräsentieren uns ja bloß. So will es das System. Die Frage lautet also: Wie subvertieren wir uns selbst?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen