Der Begriff Gott und alle zusätzlichen Begriffe, mit denen wir unsere Vorstellung von Gott erweitern, erwecken den Eindruck, Gott sei wirklich und habe bestimmte Eigenschaften. Gott ist aber nicht wirklich. Er ist ganz anders. Unsere Begriffe erfassen Gott nicht, noch nicht einmal annähernd oder bloß unvollständig. Jeder Begriff, den wir für Gott einsetzen, trifft nicht zu, erfasst nichts. Teile des jüdischen und auch des muslimischen Denkens haben ein starkes Bewusstsein dafür bewahrt, dass Gott „in unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag“ (1 Tim 6,16). Die spekulative Verdiesseitigung Gottes vor allem im römisch-christlichen Denken ist dagegen regelrecht heidnisch.
Wenn wir die Gotteswirklichkeit nominalistisch mit Begriffen bezeichnen, dann tun wir das um unserer selbst willen in pragmatischer Absicht: um unser im Glauben angenommenes als ob nicht der Weltwirklichkeit zu begründen, zu stärken, zu konkretisieren und praktisch zu wenden. Ein ausformuliertes Glaubensbekenntnis, eine Formulierung dessen, „wen“ und „was“ wir glauben, muss also nominalistisch und pragmatisch zugleich sein. Das als ob Gottes muss anklingen, Begriffe müssen behutsam und sparsam gebraucht werden, das Bekenntnis muss zurückhaltend, zugleich aber bestimmt und praktisch sein. In einem ersten Anlauf würde ich so zu formulieren versuchen:
Ich glaube Gott, den Einen, als Vater.
Er leitet mich. Er behütet mich.
Ihm allein beuge ich mich. Ihm allein vertraue ich.
Bei Ihm bin ich, wenn ich nicht bin.
Bei ihm werde ich sein, wenn nichts mehr ist.
Ich glaube Gott, den Einen, als Überwinder.
Alles ist nichts vor Ihm. Alles bringt Er ans Ende.
Macht ist entmachtet, Trotz wird bezwungen.
Nichts muss mich schrecken, an nichts hänge ich mich.
Die Welt darf für mich sein, als wäre sie nicht.
Ich glaube Gott, den Einen, als Geist.
Er ist anders. Er ist verborgen.
Ich vernehme Ihn nicht. Mein Verstehen bindet Ihn nicht.
Von allem, was ist, darf ich frei sein.
Für das, was ist, will ich da sein.
Nachbemerkung: Mit einem nominalistischen Glaubensbekenntnis in pragmatischer Absicht ist die moderne Funktionalisierung und Banalisierung des Glaubens überwunden. Bei Kant ist der als ob Gott der Religionsphilosophie bloß noch der nachgereichte Zucker, der die Peitsche moralischer Selbstdisziplinierung, die Kant Freiheit nennt, erträglich erscheinen lassen soll. Der Ungültigkeitsglaube dagegen stellt, ganz im Sinne jüdischen Denkens, den im als ob Gott gegebenen Zuspruch wieder an den Anfang, und gibt so der Freiheit des als ob nicht der Weltwirklichkeit, begriffen als Anspruch, eine geglaubte Gewissheit als Grund.
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