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Mittwoch, 1. Juni 2016

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Der Ungültigkeitsglaube ist form- und substanzloser Glaube. Er greift auf keine vorgegebene Form und auf keine vorgegebene Substanz zurück (z.B. auf einen form- oder substanzstiftenden göttlichen Willen), und er lässt sich auch nicht auf eine bestimmte Form (z.B. ein bestimmtes Rechtssystem, eine bestimmte Intitutionalisierung) oder Substanz (z.B. eine bestimmte Kultur, eine bestimmte Moral, bestimmte Werte) festlegen. In der Weltwirklichkeit vorgefundene Formen und Substanzen gebraucht der Glaubende als ob nicht. Er bleibt also in dem jeweils gegebenen „Stand“ (im Sinne einer „Berufung“), ohne sich diesem „Stand“ zu unterwerfen (1 Kor 7,20­–23). Im Ungültigkeitsglauben macht der Glaubende in der Weltwirklichkeit mit, er macht zugleich aber doch nicht mit. Er nimmt jede beliebige Form und Substanz hin und an, instrumentalisiert Form und Substanz aber zugleich im Dienste seines Glaubens. Wenn es sein muss, setzt er sich sogar über jede Form und Substanz hinweg.
Zu formulieren, was das für Haltung und Praxis des Einzelnen und für Haltung und Praxis von Gemeinschaften bedeutet, empfinde ich als besonders große Herausforderung – gerade auch in Abgrenzung zur christlichen Haltung und Praxis. Aber bei Paulus gibt es dazu ja einige hilfreiche Vorüberlegungen.

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