Sonntag, 1. Mai 2016
70
Kaum eine (pseudo-)paulinische Denkfigur hat mich in den vergangenen Jahren mehr beschäftigt, als das kryptische Zu- und Ineinandern von Katechon (Aufhalter), Anomie (Gesetzlosigkeit) und Anomos (Gesetzloser) in 2 Thess 2,6–8. In Giorgio Agambens Römerbriefkommentar findet sich der spannende Hinweis, Katechon und Anomos könnten sich nach der letzten Entschleierung möglicherweise als ein und dieselbe Macht erwiesen haben. Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit läge dann darin, dass der, der zunächst aufzuhalten scheint, indem er als Gesetz und Gerechtigkeit auftritt, zuletzt als der enthüllt wird, der dem Gesetz und der Gerechtigkeit des Messias zutiefst zuwider ist, der sich (selbst an diese Lüge glaubend) machtvoll und eindrücklich an die Stelle des Messias setzt, durch die „Erscheinung seiner Ankunft“ und durch den „Hauch seines Mundes“ jedoch beseitigt und vernichtet wird. Mittlerweile meine ich sagen zu müssen, dass mit Katechon und Anomos nichts anderes gemeint sein kann, als das Christentum selbst.
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