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Sonntag, 8. Mai 2016

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Es ist ausgesprochen irritierend, wie sehr der Mensch geneigt ist, an seinen Wirklichkeitsinterpretationen auch gegen alle Erfahrung festzuhalten. Gerade unter christlich Religiösen lässt sich dieses Phänomen beobachten. Wie Sisyphos, so halten sie ihre Wirklichkeitshoffnungen dem Lauf der Dinge wieder und wieder entgegen. Es gelingt ihnen sogar, das tatsächlich Böse als Gut umzuinterpretieren. Ihr „religiöses Apriori“ (Bonhoeffer) hindert sie daran, sich auf Erfahrung und auf nüchterne Wirklichkeitsdiagnosen einzulassen. Ihr Apriori hindert sie aber vor allem daran, sich auf das einzulassen, was unter paulinischen Interpretationsbedingungen „Glaube“ genannt werden kann. Religiosität, auch in ihrer säkularen Erscheinungsform, ist der Feind des Glaubens.

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