Dass uns die globale Mobilisierung früher oder später in der nun erfahrenen Weise auf die Füße fallen würde, ist nicht überraschend. Die öffentliche Überraschung des politischen Systems und seiner Funktionäre scheint daher selbst politisch motiviert zu sein. Die jeweiligen Motive können allenfalls erahnt, nicht aber deutlich benannt werden.
Unsere letzte Wirklichkeitsohnmacht liegt nun noch einmal offen zutage. Unsere Antwort ist jedoch nicht Selbstdemütigung, vielmehr scheinen wir uns gerade auch politisch im modernen Behauptungs- und Optimierungsschema neu befestigen zu wollen.
Die Erzählung, der unsere spätmodernen politischen Behauptungsbemühungen folgen, ist eine zunehmend bedingungslos auftretende Metaphysik des Überlebens (Nr. 613). Unter dieser Metaphysik (der sich nicht zuletzt auch die christlichen Kirchenfunktionäre verschrieben haben) dezimieren und radikalisieren sich unsre politischen Optionen.
Als von der Metaphysik des Überlebens getriebene, spätmodern funktionierende Wesen haben wir die Souveränität (Nr. 598), zugleich aber auch die Angemessenheit im politischen Gebrauch des Wirklichen verloren. Im Ausnahmezustand neigen wir daher zu politischer Überspanntheit.
In unserer Überspanntheit unter Ausnahmebedingungen neigen wir dazu, Bedrohungen wie Corona entweder (verdrängend) zu unterschätzen oder sie (dramatisierend) zu überschätzen – auch je nach dem, welches politische Motiv uns treibt.
In unserer Überspanntheit unter Ausnahmebedingungen tendiert dann unser politisches Handeln allzu leicht und allzu schnell zu Universalität, Absolutheit und Totalität.
Zur Absicherung unserer jeweiligen Universalität, Absolutheit und Totalität greifen wir politisch allzu gerne nach der vermeintlich treffenden, vermeintlich klaren, vermeintlich eindeutigen, vermeintlich vollständigen wissenschaftlichen Rationalität. Andere wesentliche, gerade auch unvollständige, gerade auch brüchige Rationalitäten werden sträflich und folgenschwer ignoriert.
Was mich im Blick auf möglicherweise kommende politische Folgekausalitäten besorgt stimmt: Die Behauptung, es gäbe so etwas wie ein vorbei und danach, ist absurd. Wir stehen nicht erst am Anfang von Corona. Corona ist erst der Anfang.
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