In Politik als Beruf ist vorausgesetzt: Politik kann und darf nicht Funktion empirisch-wissenschaftlicher Rationalität sein, schon gar nicht Funktion einer einzigen wissenschaftlichen Rationalität. Politik ist vielmehr ein heute zunehmend komplexes „starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“.
Dann eine zentrale Beobachtung, gerichtet gegen alle schlichten Gesinnungsmoralisten in der Politik: dass nämlich, „wer mit der Politik […] sich einläßt, mit diabolischen Mächten einen Pakt schließt, und daß für sein Handeln es nicht wahr ist: daß aus Gutem nur Gutes, aus Bösem nur Böses kommen könne, sondern oft das Gegenteil. Wer das nicht sieht, ist in der Tat politisch ein Kind.“
Für unsere Gegenwart bedeutet das: Es gibt politisch keine eindeutige Lösung. Vielmehr kann (in einer Wertperspektive) gerade die eindeutige, auch von wissenschaftlicher Rationalität abgesicherte Entscheidung die Falsche sein. Und: Die Politik wird auch jetzt nicht umhin kommen, sich die Finger schmutzig zu machen – und dies ausdrücklich zum Zwecke des Richtigen.
Also: Politik muss gerade jetzt viel wagen. Und wir müssen das Wagnis der Politik gerade jetzt mittragen (und mitertragen).
Bereits kurz nach dem Eintrag notiert ein Facebook-Freund, ob sich denn daraus nun irgendeine Empfehlung ableiten lasse. Meine Antwort: Der Text Webers sei ja kein Beipackzettel. Er formuliere ein grundlegendes Politikverständnis. Und gerade dieses Verständnis nötige dazu, im Hier und Jetzt zu werten und zu entscheiden.
Hier im Blog will ich zumindest im Ansatz etwas konkreter werden. Wenn wir wollen (im Sinne einer Wertentscheidung), dass unser Lebenssystem mit seinen politischen, rechtlichen, sozialen, ökonomischen Rationalitäten (die ja eng miteinander verwoben sind) möglichst lange halbwegs stabil bleibt (und ungeachtet meiner oft auch bissigen Befragungen dieses Systems halte ich diese Wertentscheidung grundsätzlich für richtig), dann werden wir uns – so meine Einschätzung – politisch so bald wie möglich auf zweierlei einlassen müssen: Zunächst müssen wir uns von den bislang gewählten allgemein-totalitären Corona-Maßnahmen verabschieden und den deutlich mühsameren (und erschreckenderen) Weg der Differenzierung wählen. Zugleich aber müssen wir (weil das Lager – im Sinne der Rationalitäten unseres Lebenssystems – nicht die Lösung sein darf) bereit werden für eine in Deutschland nur schwer denkbare politische Wendung: Bislang ist die Politik ausschließlich darum bemüht, die Zahl der Toten so klein wir möglich zu halten. Damit rechtfertigt sie sich, dieses Bemühen sichert der Politik breite Zustimmung. Schon bald aber wird eine Politik gefordert sein, die ursächlich zum Tod Betroffener führt. Man wird Politik dann ursächlich verantwortlich machen können für den Tod Betroffener. Und die Politik wird bereit sein müssen, diese Verantwortung tatsächlich zu übernehmen.
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