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Donnerstag, 14. Juli 2016

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Ich selbst verstehe Postsäkularität gewissermaßen als normativen Epochenbegriff – als eine der Wirklichkeitsentwicklung entnommene Aufforderung, interpretatorisch und praktisch in eine Epoche des Übergangs vorzudringen.

Im Unterschied zu Habermas halte ich moderne Politik nicht bloß für zu wenig mächtig, politische Gemeinschaft zu begründen und auf Dauer zusammenzuhalten. Die säkular-liberale Formgebung leistet vielmehr einen wesentlichen Beitrag dazu, dass so etwas wie substanzielle Gemeinschaft mit einem verbindenden Ethos gar nicht erst entstehen kann. Hinzu kommt, dass sich in Zeiten werdender Gleich-Gültigkeit, für die die säkular-liberale Formgebung entscheidend mitverantwortlich ist, die Begründungs- und Legitimationspotenziale moderner Politik zusehends verflüssigen und verflüchtigen.
Die Moderne mit ihrer eigentümlichen säkularen Wiederbelebung der christlichen Heilsrationalität gerät gegenwärtig in eine Aporie. In dieser Lage hilft nicht das, was Habermas – wissentlich oder unwissentlich – mit dem Gedanken der „postsäkularen Gesellschaft“ anzustoßen versucht: eine Rückkehr zur reformatorischen Spaltung Gottes, damit in der Konsequenz eine Rückkehr zur Eigengesetzlichkeit der Politik und zur gemeinschaftsfördernden Funktionalisierung der Religion.
Was uns allein helfen könnte, ist ein nächster Schritt im Prozess der Aufklärung und Entzauberung der Weltwirklichkeit – verbunden mit einer neuen Begründung von Politik, verbunden aber auch mit einer neuen Stiftung und Stabilisierung politischer Gemeinschaft. Das heißt: In postsäkularer Zeit müssen wir uns auf die Suche machen nach einer neuen, nach-religiösen, nach-metaphysischen und nun auch nach-säkularen Wirklichkeitsinterpretation, nach einem neuen integrativen Verständnis der Welt, das die moderne Trennung von Form und Substanz, von Staat und Zivilgesellschaft, von Öffentlichkeit und Privatheit überwindet und wieder die Existenz als Ganzes, auch die politische Existenz zu ergreifen und zu bestimmen vermag.

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