Der wahre Feind der offenen Gesellschaft: das ist das unsichtbar bedrohlich Unverfügbare, das der Wirklichkeit als Natur innewohnt, das uns, wenn es erscheint, in unserer Hilflosigkeit zusammenzucken und in übertriebene, weil schutzverheißende Schließungen zurückweichen lässt. Besonders gefährlich sind jene Unverfügbarkeiten, die sich nicht unmittelbar moralisieren lassen – wie einst das HI-Virus. Hier fehlt uns selbst die normative Handhabe.
Erster Nachgedanke: Der neu zu beobachtende Versuch der Religiösen, in der gegenwärtigen Krise Parallelen herzustellen zur frommen Pest-Literatur des Mittelalters, kann heute nicht mehr verfangen. Wir können nicht mehr anders, als die Corona-Ausbreitung als tatsächliche Kausalität wahrzunehmen. Nicht als metaphysische.
Zweiter Nachgedanke: Zweifellos werden wir Idee und Praxis global geöffneter Gesellschaften überdenken müssen. Das Jenseits darf aber keine wieder geschlossene Gültigkeitsgesellschaft sein. Anempfehlen können sich möglicherweise neue, quasi-nomadische Existenzformen, neue Überschaubarkeiten und Beweglichkeiten (siehe auch Nr. 339). Mit allen Wohlfahrts- und Wohlstandsverlusten, die damit verbunden sein werden (was sich aus der Behaglichkeit unserer eigenen Lage allzu leicht anschauen und zumuten lässt).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen