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Donnerstag, 1. März 2018

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Zu Nr. 358 und 359 die gestrige Tageslosung (1 Sam 12, 20/21): „Dient dem HERRN von ganzem Herzen. Und weicht nicht ab; folgt nicht denen, die nichts sind, die nichts nützen und nicht retten können, denn sie sind nichts!“

Die Herausgeber der Losungen greifen hier auf die Zürcher Übersetzung zurück, der Luthertext bewahrt noch einen entscheidenden Hinweis: „Folgt nicht den nichtigen Götzen nach, die nichts nützen und nicht retten können, denn sie sind nichtig.“ Das Denken, Reden und Tun der biblischen Propheten entzaubert, entmystifiziert, entsakralisiert die Weltwirklichkeit. Alles, was sichtbar ist, ist nicht Gott, alles, was Gott repräsentiert, ist Götze, und alle Götzen sind nichtig, nützen nichts, können nicht retten.
Noch einmal Luther: Alles, woran wir unser Herz hängen, das ist unser Gott. Hängen wir unser Herz an Repräsentationen Gottes, so hängen wir an Götzen, an Nichtsen. Schärfer noch: Hängen wir unsere Herzen an repräsentative Weltwirklichkeiten, an Ereignisse, Zustände, Phänomene, Gegenstände, Menschen, Ideen der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft, dann werden uns diese Weltwirklichkeiten zu Göttern, die nichts anderes sind als Götzen, nichtsnutzige Nichtigkeiten.
Wie schon das Volk, gegen das die biblischen Propheten auftraten, so müssen wir heute – jenseits des repräsentativen Christentums – neu lernen, was es heißt, unser Herz an einen unsichtbaren, nicht-wirklichen Gott zu hängen. Das ist die reservative Aufgabe, die vor uns liegt.

Nachsatz im Blick auf aktuelle Debatten im Kontext der deutschen Streitkräfte: Die Bundeswehr ist gerade darum bemüht, sich selbst ein neues Traditionsverständnis zu verschaffen, sich selbst eine Tradition zu geben, an die Soldatinnen und Soldaten ihre Herzen hängen können. Traditionen sind im Grunde genommen nichts anderes als sichtbare Götter. Leitbilder übrigens auch.

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