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Freitag, 23. September 2016

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Das Symbol meines Blogs ist der Construct-Szene des ersten Teils der Matrix-Trilogie entnommen (siehe Nr. 27). Wir werden die Symbole nicht los. Wir sind schließlich Menschen. Wir werden also auch unsere Sprache als Symbolsystem nicht los.

Aber mit dem Symbol meines Blogs versuche ich einen Hinweis darauf zu geben, wie wir Symbole nicht repräsentativ, sondern reservativ interpretieren lernen können, oder anders: wie uns eine reservative Interpretation von Symbolen – also auch von Sprache – zu einem reservativen Leben verhelfen kann.
In der Construct-Szene konfrontiert Morpheus den auserwählten Neo mit der Wahrheit: Realität ist Wüste. Durch den Bildschirm eines alten Röhrenfernsehers hindurch sieht Neo seine Bilder von Wirklichkeit zerbrechen. Während Morpheus die Weltwirklichkeit bedächtig aber unnachgiebig entzaubert, setzt er sich in einen schweren Ohrensessel, bezogen mit altem rotem Leder. Die Armlehnen des Sessels sind mit zwei kleinen Löwenköpfen verziert. Fast will der Sessel wie ein Thron erscheinen. Ein zweiter Sessel dieser Art lädt Neo dazu ein, es sich ebenfalls vor dem Fernseher bequem zu machen. Doch Neo setzt sich nicht, berührt den Sessel nur ganz kurz und ganz leicht.
Für mich ist Neoʼs leerer Sessel, der leere Thron, zu einem reservativen Symbol, zu einem Symbol reservativen Lebens geworden. Mit Hilfe dieses Symbols lässt sich die Erinnerung an drei wesentliche Merkmale reservativer Existenz wach halten: In keiner Weltwirklichkeit lasse ich mich behaglich nieder (Heimatlosigkeit). Der Zustand der Weltwirklichkeit nötigt mich zu Entscheidung und Tat (Praxis). Nichts Weltwirkliches vermag noch über mich zu herrschen (Freiheit).

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