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Dienstag, 27. September 2016

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In einem groben Zugriff lassen sich grundsätzlich zwei Typen repräsentativer (politischer) Sprache unterscheiden. Sprache repräsentiert entweder einen Ursprung, ist also ein rekonstruktives Symbolsystem des Gewordenen, der Herkunft, oder aber sie repräsentiert ein Ziel, ist also ein konstruktives Symbolsystem des Kommenden, der Zukunft.

Beide Sprachspieltypen und die von ihnen jeweils produzierten Hermeneutiken sind entweder eher formaler oder eher substantieller Natur. Repräsentative Sprache der Herkunft ist tendenziell die Sprache von Religion und Metaphysik, repräsentative Sprache der Zukunft ist tendenziell die Sprache der säkularen Moderne.
Sprache der Herkunft bindet sich an eine ursprüngliche oder gewesene Wirklichkeit, Sprache der Zukunft bindet sich an eine werdende oder vollendete Wirklichkeit. Beide Sprachspiele unterwerfen sich also einem Bild von Wirklichkeit als Vorgabe oder als Vorhaben, einem hier und jetzt nicht Gegenwärtigen, das es auf repräsentativem Wege zu vergegenwärtigen, dem es sich zumindest anzunähern gilt. Alles weitere ist dann politische Funktion, abgeleitet aus ursprünglichen oder künftigen Nicht-Wirklichkeiten, die (wieder) Wirklichkeit werden sollen.
Repräsentative Sprache ist heute auch an ihr Ende gekommen, weil Ursprung und Ziel verloren sind. Damit zugleich aber auch Politik als Funktion, Politik als repräsentative Macht.

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