Das ist das Elend der Repräsentationen: Die Reihe des „steht für“ lässt sich ins Unendliche verlängern, die Vielzahl möglicher Interpretationen von „Stellvertretendem“ und „Sache selbst“, von Signifikant und Signifikat ist unüberschaubar. Eindeutig identifizierbare Substanz als Wirklichkeit ist eine Illusion, ebenso die Vorstellung, mit Sprache könne Wirklichkeit erfasst, wiedergegeben oder gar transformiert werden.
Hier liegt auch die Ursache dafür, dass christlich-religiöse Sprache und die ihr nachfolgende Sprache der säkularen Moderne (heute) keine Weltwirklichkeit (mehr) verändern, keine „neue“ Weltwirklichkeit (mehr) schaffen kann. Wenn sich etwas „ändern“ soll (wenngleich nicht im repräsentativen Sinne), dann werden wir nicht umhin kommen, eine „andere“ Sprache ausfindig zu machen, eine andere Interpretation von Sprache. Das ist die Herausforderung, die vor uns liegt: jenseits aufklärender Dekonstruktion nach einer nach-repräsentativen, reservativen Sprache zu suchen, der es gelingen kann, jede nur denkbare „Sache selbst“ offen zu halten und jede mit jeder „Sache selbst“ gegebene Ermächtigung zu entmachten. Jedoch: Ist reservative Sprache überhaupt möglich – wo doch jede Sprache nichts anderes ist als Gleichnis?
Anmerkung: Die Hoffnung auf eine kommende, nach-repräsentative Sprache, ist in Dietrich Bonhoeffers „Gedanken zum Tauftag“ (Mai 1944) vorformuliert. „Es ist nicht unsere Sache, den Tag vorauszusagen – aber der Tag wird kommen – , an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert. Es wird eine neue Sprache sein, vielleicht ganz unreligiös, aber befreiend und erlösend, wie die Sprache Jesu, dass sich die Menschen über sie entsetzen und doch von ihrer Gewalt überwunden werden, die Sprache einer neuen Gerechtigkeit und Wahrheit, die Sprache, die den Frieden Gottes mit den Menschen und das Nahen seines Reiches verkündigt.“ In diesen Formulierungen steckt noch allzu viel Christentum, aber die Richtung ist gewiesen.
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