Die Szene hat sich gemeinsam mit anderen, geradezu ikonischen Bildern rund um das Attentat schon jetzt in das eingebrannt, was man kollektives Gedächtnis nennt. Und diese Szene verleitet Teile der US-amerikanischen Bevölkerung schon jetzt zu einer quasi-religiösen Verklärung und Überhöhung Trumps. Es kann nicht anders sein, so die Annahme, als dass Gott höchstpersönlich in dieser Szene gegenwärtig war und den Mord verhindert hat. Trump selbst schließt sich dieser Annahme dankbar an: „Gott allein“, so schreibt er, „hat das Undenkbare verhindert“. Damit scheint sich eine Schlussfolgerung aufzudrängen: Gott muss noch etwas mit Trump vorhaben. Großartiges selbstverständlich.
Nun ja. Man mag ja durchaus annehmen, Gott habe hier im Verlauf des Ereignisses verborgen gewirkt. Dass Gott verborgen wirkt, muss dann aber für alles gelten, was sich ereignet. Auch für jeden beliebigen anderen Verlauf des Attentats. Auch für jenen, der Trumps Tod zur Folge gehabt hätte. Nicht zuletzt theologisch ist es höchst fragwürdig, aus Ereignissen und Ereignisfolgen göttliche Zwecksetzungen herauslesen zu wollen. Und aus historischer Erfahrung muss dieser Wille immer dann als gefährlich gelten, wenn vermeintliche göttliche Zwecke vereinnahmt und eigenen Zwecksetzungen dienstbar gemacht werden.
Anmerkung: Durch das messianische als ob nicht hindurch sind Zwecksetzungen, die der Vergültigung, der Durchsetzung von Gültigkeiten dienen, aufmerksam zu beobachten und reservativ zu handhaben. Eine schlichte Inanspruchnahme Gottes für derartige Zwecke ist ausgeschlossen. Das gilt auch für den Zweck, eine Nation wieder oder noch einmal groß oder großartig zu machen.
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