Mittwoch, 28. März 2018
374
Das Alter nötigt zur Emanzipation von den Verheißungen der Natur. Der nüchterne Blick ins Angesicht des Todes offenbart deren nichtiges Wesen. Im emanzipierten Gebrauch der nichtigen Natur und ihrer Verheißungen wird man demütig, mündig, erwachsen.
Sonntag, 25. März 2018
373
Wie man in der nüchternen Konfrontation mit dem Tod, der die Nichtigkeit von Sein und Existenz rücksichtslos ans Licht zerrt und vor Augen stellt, Denken und Leben noch ernsthaft auf die Natur setzen, gar noch an einem Recht der Natur festhalten kann, das entzieht sich meinem Verständnis. Naturrechtler leben schon immer von einer heidnisch-mythologischen Kosmologie. Allen voran die christlichen Naturrechtler.
Mittwoch, 21. März 2018
372
Die paulinische Verortung der Figur des Messias zwischen Leiden und Trost (2 Kor 1,3–7) ist durchaus irritierend. „Denn wie die Leiden des Messias reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch den Messias“ (2 Kor 1,5).
Montag, 19. März 2018
371
Zu Nr. 361: In unserem wertenden Sprachgebrauch zeichnen sich zwei Trends ab: Zum einen der Trend zum Superlativ. Kaum ein Satz, der keine Übertreibung enthält. Zum anderen der Trend zum Superlativ für jeden. Kaum jemand, der noch zum Durchschnitt gehört.
Sonntag, 18. März 2018
370
Jochen Klepper erinnert gelegentlich an ein hartes Lutherwort: „Gott reißt das Übel nicht von der Person, sondern die Person vom Übel.“ Nicht heile Welt für den Glaubenden, sondern Glaube inmitten des Unheils der Welt, Glaube des vom Unheil der Welt Mitbetroffenen, Glaube des ins Weltunheil Hineingerissenen. Das will in diesen Tagen ertragen und geglaubt werden.
Samstag, 17. März 2018
369
Ein Freund schickt mir heute eine Glosse aus der Süddeutschen Zeitung: ein augenzwinkerndes Lob auf das kleinere Übel.
Donnerstag, 15. März 2018
368
Kürzlich hat Wolfram Eilenberger in der Wochenzeitung „Die Zeit“ unter dem Titel „Wattiertes Denken“ auf den desolaten Zustand der deutschsprachigen Philosophie aufmerksam zu machen und ihn zu erklären versucht.
367
Meine Kinder haben mir vor einigen Wochen zum Geburtstag das Buch Nighthawks geschenkt, eine gelungene kleine Sammlung stiller Geschichten nach Gemälden von Edward Hopper, dem Maler der modernen Vereinsamung. In einer der Erzählungen eine kurze Bemerkung zur Qualifikation des Selbstmordes: Für den Katholiken ist der Selbstmord eine Todsünde, für den Protestanten eine Charakterschwäche. Kürzer und treffender lässt sich die Kulturgeschichte des Okzidents kaum fassen.
Donnerstag, 8. März 2018
366
Die deutschen Streitkräfte haben ein turbulentes Jahr hinter sich. Die Politik beantwortet die tatsächlichen oder vermeintlichen Verfehlungen der Soldaten auch mit neuer weltanschaulicher und moralischer Normierung – etwa mit der Formulierung eines neuen Traditionserlasses. Begleitend bieten die beiden Universitäten der Bundeswehr Ringvorlesungen zu möglichen und unmöglichen Traditionsverständnissen an, gestern hier in München eine Podiumsdiskussion. Dazu zwei kurze Beobachtungen.
Dienstag, 6. März 2018
365
Meine Auseinandersetzung mit Dietrich Bonhoeffer wurde vor Jahren geradezu erzwungen durch die Betreuung einer Diplomarbeit zur Frage der Kontinuität des Verhältnisses von Glaube und Verantwortung in Bonhoeffers Theologie.
Samstag, 3. März 2018
364
In den vergangen Tagen wurde ich nach vielen Jahren an einen Text von Johannes Hansen erinnert, an eine kleine Meditation zu Psalm 6, in die ich mich als Jugendlicher gelegentlich zurückgezogen habe.
Donnerstag, 1. März 2018
363
Zuletzt habe ich wieder einmal einige Bachelor-Arbeiten begutachten müssen. Und wieder einmal sehe ich eine stille Vermutung bestätigt: Die mittlerweile unendlich leichte Verfügbarkeit eines sich exponentiell vervielfältigenden Wissens korrespondiert nicht etwa mit einer tatsächlichen und geschickten Aneignung dieses Wissens. Sie korrespondiert vielmehr mit einer zunehmenden Unfähigkeit und Unwilligkeit der Aneignung, möglicherweise gewachsen aus dem Gefühl der Überforderung.
Der Umstand, dass die Erstellung von Bibliographien zu ausgewählten Wissenschaftsdiskursen heute bloß noch Stunden in Anspruch nimmt, dass man sich also nicht mehr, wie vor der digitalen Revolution, tage- oder gar wochenlang durch die Zettelkästen der Bibliotheken wühlen muss, macht die Bibliographien am Ende nicht länger und treffender, sondern kürzer und allgemeiner. Das wissenschaftliche Produkt wird entsprechend dünner und flacher (siehe auch Nr. 282).
Der Umstand, dass die Erstellung von Bibliographien zu ausgewählten Wissenschaftsdiskursen heute bloß noch Stunden in Anspruch nimmt, dass man sich also nicht mehr, wie vor der digitalen Revolution, tage- oder gar wochenlang durch die Zettelkästen der Bibliotheken wühlen muss, macht die Bibliographien am Ende nicht länger und treffender, sondern kürzer und allgemeiner. Das wissenschaftliche Produkt wird entsprechend dünner und flacher (siehe auch Nr. 282).
362
Zu Nr. 358 und 359 die gestrige Tageslosung (1 Sam 12, 20/21): „Dient dem HERRN von ganzem Herzen. Und weicht nicht ab; folgt nicht denen, die nichts sind, die nichts nützen und nicht retten können, denn sie sind nichts!“