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Donnerstag, 12. August 2021

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Eine weitere Urlaubslektüre – ich blättere mich noch einmal durch Agambens Herrschaft und Herrlichkeit. Einer dieser analytischen und diagnostischen Kraftakte, deren wir derzeit so dringend bedürfen.

Symbolisch herausgegriffen eine schlussfolgernde Bemerkung zu Rousseau: „Mit dem Gesellschaftsvertrag erbt die republikanische Tradition ein theologisches Paradigma und eine Regierungsmaschine. Und da sie dieses Erbe gleichsam ohne den Vorbehalt der Inventarerrichtung angetreten hat, ist sie sich dessen nicht einmal bewußt.“
Will heißen: Wir stecken – ohne es zu wissen oder gar zu wollen – mit unserem gesamten politischen Ordnungs- und Regierungsapparat noch bis zum Hals im Morast der christlich-theologischen Tradition. Die fatale Konsequenz, von der Agamben uns unmittelbar bedroht sieht: die totale Entkoppelung und Verabsolutierung der Regierenden und des Regierens. Ich selbst sehe wenigstens gleichermaßen problematisch die Heraufkunft der totalen Unregierbarkeit der zu Regierenden. Ihnen wird zunehmend die Last der total entkoppelten und verabsolutierten Selbstregierung aufgeladen. Diese Last werden sie nicht tragen können.
Wie dem auch sei: Mit vielen guten Gründen bin ich geneigt, den historischen Materialisten bei ihrem Bemühen, durch Politische Theologie die theologisch durchtränkte Politik zu überwinden, nur das Beste zu wünschen. Die Chancen für dieses Projekt stehen allerdings schlecht.

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