Seiten

Mittwoch, 16. Januar 2019

434

Luftballon-Nena, das durchgeknallte Streifenhörnchen meiner Jugendzeit, macht jetzt Werbung für Penny – als (Vorsicht: Marketing-Sprech) Nachhaltigkeits-Testimonial. Früher oder später assimiliert das System Jede und Jeden. Oder richtiger: Früher oder später offenbart sich, dass Jede und Jeder immer schon Funktion des Systems ist. Auch jene, die sich gerne als das Andere verstehen und präsentieren. Sie integriert das System, indem es ihnen den Platz eines vermeintlich Anderen zuweist und sie damit ruhig stellt. Dieses Andere steht aber gar nicht außerhalb des Systems, sondern ist lediglich eine seiner Funktionen. Im Fall Nena ist das vermeintlich Andere die Natürlichkeit, vermeintlich realisierbar durch das vermeintlich Andere der Nachhaltigkeit.

1 Kommentar:

  1. Sebastian Habicht22. Januar 2019 um 16:12

    Ich glaube mit Luhmann’s Systemtheorie kann die scheinbare Integration von Nena in das gesellschaftliche System recht gut erklärt werden: Das System Nena hat in früheren Jahren so kommuniziert, dass es durch Anschlusskommunikation aufrecht erhalten werden konnte. Vermeintlich hat sie nicht in das gesellschaftliche System („Bild“) gepasst. Sie hat aber dadurch, dass das Gesellschaftssystem und das Nena-System stets miteinander kommuniziert haben eben doch als System im Gesellschaftssystem ihren Platz gehabt. Ich schätze, dass sich das Gesellschaftssystem in den letzten Jahren so verändert hat, dass zwischen beiden System immer weniger gewohnte Operationen stattfanden. Das führt zwangsläufig zu einer Verschiebung der System-Umwelt-Grenzen im einen oder anderen System, sofern ein System überleben möchte. Das "Nena-System“ scheint zum Erhalt ihres Bestandes mit dem „Penny-System“ zu kommunizieren, das wiederum wohl seine Anschlusskommunikation im Gesellschaftssystem zu optimieren sucht.

    Ich bin Ihrer Meinung, dass das Andere immer schon Teil des Systems ist und gerade durch die Zuweisung als das Andere erfolgreich Anschlusskommunikation findet. Und durch Kommunikation werden m.E. auch Funktionen und Dysfunktionen ‚geklärt' (wobei augenscheinliche Dysfunktionen auch Funktionen sind). Das erinnert mich an Slogans von Spin-Doktoren, wie z.B. „If it bleeds, it leads“ oder „Ein Skandal ist besser, als keine Story“. Wir erleben in diesem Zusammenhang Sportler, die als „Botschafter“ oder Politiker fungieren, verblasste Stars die aus purer Verzweiflung bei BigBrother (o.Ä.) landeten oder über Nacht Fachleute für ethische Fragen gewordene Historiker:-). Auf der anderen Seite haben wir (heute) berühmte Maler, deren Gemälde zu Lebzeiten eben nicht mit dem Gesellschaftssystem oder Teilsystemen zu kommunizieren schien, die also keine Funktion als das Eine oder das Andere im System einnahmen. Jene sind heute als das damalige Eine oder Andere prominent und ihre Gemälde kommunizieren - obwohl sie damals weder das Eine noch das Andere gewesen sein müssten.

    Meine Vermutung ist, dass des Schusters Leisten zunächst bloß kommunizieren - welche Leisten es auch sein mögen. Entweder werden sie durch Anschlusskommunikation vergoldet oder ohne selbige als morsches Holz dem Verfall ausgesetzt. Kommunikation wird durch Anschlusskommunikation zum Einen oder Anderen des Gesellschaftssystems. Aber es bildet (solange es sich selbst reproduziert) als Teil-System einen funktionalen Teil des Gesellschafts-Systems. Also ist die „Integration“ nur eine Scheinbare. Auch das erfüllt m.E. eine wichtige Funktion: Die gefesselten Menschen in Platons Höhlengleichnis werden mit Schattenspielen versorgt - was würden jene denn tun, wenn plötzlich das Spiel zu Ende ist und keine Schatten mehr erschienen?

    Es bleibt abzuwarten, ob auf die Nena-Penny-Nachhaltigkeits-Werbe-System-Kommunikation avisierte Anschlusskommunikationen folgen. Wenn nicht: Es bildet sich ein neues System - oder nicht.

    AntwortenLöschen