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Sonntag, 28. Januar 2018

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Im gerade auch medial angeheizten Streben nach Authentizität (Charles Taylor) geht unserer Generation – und durch uns auch den Folgegenerationen – die Fähigkeit verloren, notwendige kulturelle (soziale) Rollen zu bedienen. Darin äußert sich nicht etwa der Verlust von Unaufrichtigkeit, sondern das zunehmende Unvermögen eines geeigneten, angemessenen Gebrauchs kultureller (sozialer) Wirklichkeit.
An diesem Prozess ist erfreulich und notwendig, dass er die kulturelle (soziale) Wirklichkeit, die noch stark von ihrer religiösen und metaphysischen Tradition lebt, aktiv dekonstruiert. An diesem Prozess ist besorgniserregend, dass er nicht von dem Bewusstsein der Substanzlosigkeit kultureller (sozialer) Wirklichkeit vorangetrieben wird, sondern von einer voraufgeklärten, geradezu vornominalistischen Sehnsucht nach substanzieller Eigentlichkeit. Wir versuchen also, der Nichtigkeit der Weltwirklichkeit durch Flucht in die Gaukeleien individueller Substanzen zu entkommen.

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