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Montag, 22. Januar 2018

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Ich wage die stechende Behauptung: Wen sein repräsentativer Glaube (dieser Glaube sei religiöser oder metaphysischer Natur, das ist einerlei), wen seine Hoffnung auf Repräsentation nicht in die Arme der Reservation treibt, wer also seinen repräsentablen Gott stets zu rechtfertigen und zu entlasten weiß, dessen Glaube kommt noch nicht einmal in die Nähe dessen, was Glaube genannt werden darf, der weiß gar nichts vom Glauben. Der hat sich nicht mit jeder Faser seiner Existenz an seinen Gott, an das Geglaubte gehängt. Dessen Glaube ist kaum mehr als eine mehr oder weniger pragmatische Weise der Kontingenzbewältigung.
Wer dagegen durch einen existenziellen repräsentativen Glauben hindurchgegangen ist, der wird wohl auch unter Bedingungen reservativen Glaubens den Stachel des Alten nicht los. In meinem Falle ist es der Stachel des Amos: Der Löwe brüllt, die Furcht ist groß, doch der Platz ist bei der Herde. Dort, wo man Gottesgebrüll und Gottesfurcht nicht kennt, dort, wo geschwiegen werden muss, wo nicht geredet werden darf (siehe auch Nr. 270).

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