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Samstag, 11. November 2017

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Die Forderung der Reformation: Der Einzelne darf und soll selbst die eine Glaubenswahrheit finden. Alle Einzelnen glauben an den einen Gott. Und folgen seinem Gebot.
Die spätmoderne Wahrnehmung und Praxis der reformatorischen Forderung: Der Einzelne darf und soll selbst seine eigene Glaubenswahrheit finden. Jeder Einzelne glaubt an seinen eigenen Gott. Und folgt dessen Gebot.

Die Forderung der idealistischen Philosophie: Der Einzelne darf und soll selbst zur einen Vernunftwahrheit finden. Alle Einzelnen kommen zu einer Vernunft. Und folgen ihrem Gebot.
Die spätmoderne Wahrnehmung und Praxis der idealistischen Forderung: Der Einzelne darf und soll selbst seine eigene Vernunftwahrheit finden. Jeder Einzelne kommt zu seiner eigenen Vernunft. Und folgt ihrem Gebot.

Die reformatorische Fiktion möglicher Glaubenseinheit und die idealistische Fiktion möglicher Vernunfteinheit scheitern. Wirklich werden die Pluralität der Glaubensgültigkeiten und die Pluralität der Vernunftgültigkeiten. Derzeit mühen wir uns noch darum, diese Pluralitäten irgendwie zusammenzuhalten. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dies dauerhaft gelingen kann. Denn jedes Ringen um eine mögliche Einheit von Pluralitäten lebt im Kern immer noch von den gescheiterten Fiktionen der Reformation und des Idealismus.

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