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Freitag, 13. Dezember 2019

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Gestern eine dieser ritualisierten Jahresabschlussreden. Darin ein immer wiederkehrender Leitspruch, der dem Porzellanfabrikanten und Politiker Philip Rosenthal zugeschrieben wird: „Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“
Der Absicht des Zitierten kaum entsprechend, wurde dieser Leitspruch gestern im Sinne einer eher schlichten Motivations- und Selbstoptimierungsformel aus dem Coaching-Handbuch verwendet. Wird der Ausspruch Rosenthals tatsächlich so verstanden, dann kann man durchaus sagen: Die tragische (gerade auch christlich provozierte) Verirrung abendländischer Kultur in einem Satz. Der Höhepunkt dieser Verirrung dann am Ende der Rede: Dem Aufruf zum unausgesetzten Fortschritt folgte die Klage über die Rastlosigkeit gegenwärtiger Gesellschaft, die Klage darüber, dass kein Advent, kein Ankommen mehr möglich sei.
Wie kann man, wenn man halbwegs intellektuell redlich bleiben will, einerseits den unausgesetzten, letztlich sinnentleerten Fortschritt predigen, zugleich aber Kultur und Gesellschaft beschuldigen, nicht mehr innehalten zu können?

1 Kommentar:

  1. Ohne jegliche Reservation: Große Zustimmung!

    Gottfried Küenzlen

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