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Dienstag, 20. Dezember 2022

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Kürzlich eine kleine Beobachtung in der samstäglichen Warteschlange beim Bäcker. Eine der Fachverkäuferinnen redet, etwas abseits der Theke stehend, lautstark auf eine ihrer Kolleginnen ein. Offenbar hatte es zuvor Beschwerden gegeben. Andere Kolleginnen scheinen nicht allzu gut mit ihr auszukommen. Mit Nachdruck und erhobener Stimme weist die Dame allerdings jeden Wunsch nach Änderung ihres Verhaltens zurück. Auch unter Verweis auf die unmöglichen Forderungen ihres Ex-Freundes (!) pocht sie darauf, sie sei nun einmal so, und sie wolle und werde sich auch nicht ändern.

Schon mehrfach ist mir die Dame – sie ist vielleicht 40 Jahre alt – an den vergangenen Samstagen aufgefallen, dann jedoch jeweils durch ihren unmittelbaren Umgang mit Kundinnen und Kolleginnen. Immer wieder ist sie mir unangenehm laut, aufdringlich, raumgreifend, übermäßig zuvorkommend oder übermäßig abweisend erschienen. Kurz bin ich nun versucht, sie darauf hinzuweisen, dass ihre Natur und ihre unbedingte Naturbehauptung sie unvermeidlich in die Einsamkeit hineintreiben werden. Angesichts des Wortgewitters, das mich ziemlich sicher erwarten würde, wähle ich jedoch das Schweigen.

Grundsätzlich erinnert mich die kleine Samstagsbeobachtung noch einmal daran, dass jeder Versuch, das Beieinander von Menschen auf Gültigkeiten zu gründen, immer nur misslingen kann. Gültigkeiten sind raumfordernd und raumgreifend, nötigen uns in Gemeinschaft immer und überall dazu, Räume abzustecken, zu behaupten oder gar konfrontativ zu erweitern. Die Folge: unendlicher Streit oder unendliche Einsamkeit.


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