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Sonntag, 10. April 2022

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Lese gerade den Selbstnachruf von Harald Welzer, Buchgeschenk eines lieben mitdenkenden Freundes. Darin, grob gesagt, der Versuch, eine Kultur des Aufhörens vom Tod, vom Nichts her zu begründen. Ich empfinde große Sympathie für diesen Ansatz, so, wie ich auch große Sympathie empfinde für Agambens eschatologisch begründete Politik der Stilllegung.
Und doch will mir der jeweils angebotene Grund für Aufhören oder Stilllegung nicht wirklich überzeugend, nicht wirklich schlagend erscheinen. Von einem wie auch immer begriffenen Ende her denkend eröffnen sich grundsätzlich zwei Wege: der Weg der Askese und der Weg des Exzesses. Aber weder der eine noch der andere Weg (oder eine wie auch immer geartete Mischform) scheint mir vom Ende her unbedingt geboten zu sein. Welchen Weg wir präferieren und beschreiten, hängt wohl nicht zuletzt an unserer intellektuellen und emotionalen Gestimmtheit. Und nebenbei bemerkt: Auch diejenigen, die vom Ende her gedacht aufzuhören oder stillzulegen versuchen, bleiben letztlich doch negativ abhängig von dem, wovon sie eigentlich frei werden wollen: von der Welt selbst.
Nach wie vor bleibe ich daher bei meiner Annahme, dass das Nichts nicht ausreicht, um uns aus unserer funktionalistischen Weltgebanntheit herauszulösen. Wir brauchen die Fiktion einer zweiten Wirklichkeit (die nicht die christliche sein darf), eine Fiktion, auf die Welzer (und natürlich auch Agamben) ausdrücklich verzichten.

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