Freitag, 30. April 2021
714
An diesem Ort habe ich schon allzu häufig den Begriff des Ereignisses bemüht. Den Versuch einer eingehenden Bestimmung dessen, was damit gemeint sein könnte, habe ich bislang nicht unternommen. Das ist wohl auch gut so. Was ich Ereignis nenne, lässt sich letztlich nicht greifen, nicht begreifen.
713
Was wir sein wollen: Menschen, in deren Gegenwart und Begleitung der Gang durchs Wirkliche hindurch ein wenig leichter fällt.
Mittwoch, 28. April 2021
712
Was uns bleibt: glücklich werden oder selbstbestimmt leben.
Tertium non datur.
Lediglich ein kleiner interpretatorischer Trick.
Die Bestimmung der Selbstbestimmung als Glück.
Selig, wem dieser Kunstgriff gelingt.
Tertium non datur.
Lediglich ein kleiner interpretatorischer Trick.
Die Bestimmung der Selbstbestimmung als Glück.
Selig, wem dieser Kunstgriff gelingt.
Samstag, 24. April 2021
711
Einige deutsche Künstler haben in einer konzertierten Social-Media-Aktion gegen die in Teilen undifferenzierte deutsche Corona-Politik protestiert. Zu den öffentlichen Reaktionen zwei Beobachtungen.
Freitag, 23. April 2021
710
Was von Kant bleibt – was Kant selbst jedoch nicht zu ertragen vermocht hat: Nichts mehr bietet uns Halt und Zuflucht in dieser Welt, weder im Leben noch im Sterben, als die unbedingte Selbstbindung unseres Willens, die Selbstbindung des Willens unter allen nur möglichen Wirklichkeitsbedingungen.
709
Was, wenn der Fels in der Brandung eigentlich viel lieber ein Fähnchen im Wind wäre?
Mittwoch, 21. April 2021
708
Tätiges Warten – eine zweite Wahrnehmung (zu Nr. 702): Mehr denn je ist nun praktisch gefordert, was sich (zugegeben: nicht wirklich treffend) als richtiges Leben im falschen bezeichnen lässt (siehe Nr. 462, 624). Ganz alltäglich handelnd Dabeisein – und doch nicht dabeisein. Mitmachen – und doch nicht mitmachen. Sich nicht unterscheiden – und doch ganz anders sein (siehe Nr. 392). Mit dem Begriffs- und Handlungsapparat des Falschen auf das Richtige aus sein, auf das Richtige hinwirken. Kurz: Im Ruf verharren, ausharren (siehe Nr. 308, 538). Die inneren Folgen: Eine unausgesetzte Übelkeit angesichts des eigenen Redens und Tuns. Und die unausgesetzte (Bonhoeffersche) Frage nach der Brauchbarkeit.
Sonntag, 18. April 2021
707
Man darf sich nichts vormachen: Hinter der Forderung nach Anerkennung von Vielfalt steckt zuletzt immer auch eine subtile Selbstbehauptung, eine subtile Selbstrechtfertigung. Indem ich fordere, alle Gültigkeiten in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit anzuerkennen, stelle ich ja zugleich sicher, dass meine eigenen Gültigkeiten nicht mehr kritisch befragt werden können. Ich selbst kann mich immer auch hinter meiner eigenen Vielfältigkeitsforderung verstecken, niemand darf mich in meinem eigenen Sosein mehr stören.
Samstag, 17. April 2021
706
Jede sich äußernde Selbstbehauptung, die nicht zugleich von der Einsicht in die Nichtigkeit der je eigenen Gültigkeit durchdrungen ist, kann immer nur unangenehm und abstoßend wirken.
705
Es gibt kein zweckloses Interesse am anderen.
704
Es ist nicht unwesentlich, daran zu erinnern, dass es erst mit dem Bewusstseins- und Interpretationswesen Mensch so etwas wie Zeit und Raum, zugleich auch unvermeidlich so etwas wie Zeitdruck und Raumnot gibt. Der Mensch ist ein Wesen, das allein durch seine pure Existenz beschleunigend und verdrängend wirkt, das gar nicht anders kann, als so zu wirken. Aufhaltend zu existieren, ist dem Menschen als solchem gar nicht möglich.
Anmerkung: Kürzlich im Radio eine dieser letztlich so nutzlosen Klimadebatten. Dabei eine arglose junge Dame, Neurowissenschaftlerin und Journalistin. Ihr naiv-konstruktivistisches Credo: Change by Design – not by Disaster. Nun ja. Laufen und schöpfen, schöpfen und laufen.
Dienstag, 13. April 2021
703
Neulich einen Tag mit einem Menschentypus verbracht, dem ich sonst gerne aus dem Weg gehe: in seiner spezifischen Gültigkeitsrationalität sesshaft geworden, abgeschlossen, nicht mehr fundamental irritierbar, nicht mehr lernoffen für ganz Anderes, zugleich aber in seiner spezifischen Rationalität geläufig, langweilig, ganz und gar nicht irritierend, auf nichts Anderes verweisend. In Gegenwart dieses Typus neige ich dazu, innerlich unausgesetzt die Konfrontation zu proben, zugleich aber äußerlich jede Konfrontation zu meiden. Das ist unbefriedigend, langfristig wohl auch ungesund.
702
Tätiges Warten – eine erste oberflächliche Wahrnehmung (zu Nr. 686): Meine Interpretation selbst rückt zunehmend in den Hintergrund, sie verliert an Unmittelbarkeit, an unmittelbarer Präsenz und Relevanz. In den Vordergrund rückt dagegen das, was ich interpretierend geworden bin, in den Vordergrund rückt der Mensch aus Interpretation. Die potenzielle Wirkung reservativer Existenz wird damit deutlich überschaubarer, begrenzter, zugleich aber konkreter, greifbarer.
Sonntag, 4. April 2021
701
Die Intuition geht durchaus in die richtige Richtung, die christliche Religion, ihre Ereignisse, ihre Bilder, ihre Erzählungen als bloße Form zu begreifen, in der etwas Wesentliches durch die Zeit getragen wird. Man geht jedoch in die Irre, wenn man das Wesentliche, das Eigentliche der christlichen Religion als etwas Substanzielles begreift. Mit diesem bloß reduktionistischen Begriff ist letztlich nichts gewonnen. Es ist vielmehr alles verloren. Nicht allein die Form, sondern zuletzt auch die vermeintliche Substanz. Das ist die kulturelle Lage, in die wir uns gegenwärtig gestellt sehen.
700
Jenseits der Prophetie gibt es für den Propheten nur noch einen Ort: die Herde (siehe auch Nr. 270, 350).
699
Man darf das Einzelne nicht mit dem Individuellen verwechseln.