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Dienstag, 30. April 2019

458

Nach weiterer Auseinandersetzung mit den Zauberern (zu Nr. 457): Die bittere Gnade meines Denkweges liegt darin, dass sich in meinem eigenen messianischen Ereignis nicht eine einzige Wirklichkeitshoffnung erfüllt, nicht eine einzige Erwartung materialisiert hat. Nicht eine einzige Verheißung ist wirklich weltwirklich geworden.

Montag, 29. April 2019

457


Lese gerade das Buch Zeit der Zauberer. Wolfram Eilenberger versucht hier in einer schönen Komposition die Existenzen Walter Benjamins, Ernst Cassirers, Martin Heideggers und Ludwig Wittgensteins in ihrem Neben-, Zu- und Gegeneinander zu begreifen. Erste Eindrücke in aller Kürze.

Freitag, 26. April 2019

456

Jedes Denken steht auch, vielleicht vor allem vor dem Problem, dass andere anders denken, dass andere nicht denken wollen oder dass andere (wohl die meisten) nicht denken können. Jedem Denken, auch jedem Nicht-Denken korrespondiert ein Handeln, ein Handeln in raum-zeitlichem Beisammensein, jedes Denken kann also nicht anders, als politisch zu sein. Jede Philosophie ist zuletzt unvermeidlich politische Philosophie, jede Theologie ist zuletzt unvermeidlich politische Theologie.
Die (okzidentalen) politischen Philosophien und Theologien der Gegenwart sind nach wie vor, sind ganz traditionell darum bemüht, das Problem des Anders- und Nicht-Denkens zu lösen: durch Diskurs (Begründung), durch Struktur (Form), durch Kontext (Substanz), durch Macht (Gewalt). Diese Lösungsversuche setzen allerdings nach wie vor, setzen ganz traditionell auf die Annahme einer vorgegebenen oder auf die Annahme einer herstellbaren Harmonie – und sei es bloß auf eine Harmonie im Fluss, auf eine Harmonie in Bewegung.
Jedoch: Das Problem des Anders- und Nicht-Denkens, das Problem der Anders- und Nicht-Praxis (Nicht-Praxis verstanden als ein Handeln, das nicht bedacht ist) lässt sich nicht lösen. Harmonie und Harmonisierbarkeit sind traditionelle okzidentale Illusionen. Ein politisches Denken, dass sich von diesen Illusionen verabschiedet und das unlösbare Problem des Anders- und Nicht-Denkens zumindest zu handhaben, vielleicht zu moderieren ermöglicht, steht nach wie vor aus.

Donnerstag, 25. April 2019

455

Wie hat Kohelet, der Prediger, Ruhe gefunden? Wie wird aus einem Suchenden ein Anwesender? Zumal dann, wenn der Fund des Suchenden nicht das ist, was dieser zu finden gehofft hatte? Die Eitelkeit der Weltwirklichkeit kann man als Suchender nicht finden wollen. Nihilismus ist keine Interpretation, die man haben und in der man sich von seiner Suche ausruhen kann.

Donnerstag, 18. April 2019

454

Die religiös begriffene Forderung des "Sorget nicht" hat seine Tücken. Nicht eine wesentliche Sorge der vergangenen Jahre war unbegründet, nicht eine dieser Sorgen war überflüssig.

Freitag, 12. April 2019

453

Zu Nr. 451: Es muss gelegentlich daran erinnert werden, dass die moderne „Gottesfinsternis“ auch nichts anderes ist, als eine Interpretation – wenngleich eine Interpretation, hinter die wir auf intellektuell redlichem Wege nicht mehr zurück können, nicht mehr zurück dürfen.

Donnerstag, 11. April 2019

452

Manchmal ist Verantwortung nichts anderes als Übereifer. Besondere Vorsicht ist dann geboten, wenn Verantwortung gesagt wird, tatsächlich aber Pflicht gemeint ist.

451

Ein folgenschwerer Fehler der Offenbarungsreligionen: Sie gründen ihre Theologie im Augenblick der (so interpretierten) Gottessichtbarkeit und -gegenwart. Also im flüchtigen Ereignis, in Moment und Substanz der Ausnahme.

Montag, 8. April 2019

450

Es gibt Menschen, deren Einsichten über sich selbst nicht bis zu eben diesem Selbst vorzudringen vermögen.