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Mittwoch, 1. August 2018

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Ein warmer Sommerabend, ein nettes Sommerfest am Sommerfeuer. Zwei Damen neben mir unterhalten sich über Authentizität. Sie sind sich einig und ganz eifrig darin, sich wechselseitig zu bestätigen: Es ist immer besser, authentisch zu sein, das in Wort und Tat zu äußern, was in einem ist, eben so zu sein, wie man ist. Das ist offen und ehrlich. Man verbiegt sich nicht, frisst nichts in sich hinein. Und die anderen wissen immer, was Sache ist.

Ich atme einmal tief durch, drehe langsam das leere Glas in meiner Hand, blicke ins Nirgendwo. Wie üblich in solchen Situationen, schießen mir tausend notwendige Differenzierungen in den Sinn. Ich denke an Menschen, deren Authentizität für sie selbst oder andere schädliche, gar tödliche Folgen hatte. Ich denke an kulturelle und soziale Rollen, die uns als künstliche Natur in gewissem Sinne zur Inauthentizität nötigen, die aber für die Funktion menschlichen Beieinanderseins kaum verzichtbar erscheinen. Man muss diesen Rollen ja nicht gehorchen, man muss sie aber spielen können. Ich denke an Loyalitäten, die von uns gelegentlich fordern, öffentlich den Schein des Einverständnisses zu wahren. Ohne Loyalität ist eine enge, intime, verbindliche und verlässliche Verbindung zwischen Menschen undenkbar. Ich denke an Kant und Voltaire. Authentizität in allem, was wir äußern – ja, vielleicht. Aber nicht alles, was authentisch ist, müssen wir auch tatsächlich äußern. Das gilt vor allem auch für das Böse und Schädliche in uns. Nicht jeder Eimer mit Exkrementen muss auf die Straße hinausgeschüttet werden. Wir brauchen auch so etwas wie innere Sickergruben. Und natürlich denke ich an Bonhoeffers Frage danach, was es heißt, die Wahrheit zu sagen. Manchmal ist das formal wie substanziell Unwahre gerade die Wahrheit, die im Hier und Jetzt gesagt werden muss. Das meint auch: Manchmal ist die Inauthentizität gerade die Authentizität, die im Hier und Jetzt zu wahren ist.

Kurz überlege ich, ob ich authentisch sein und das einvernehmliche Gespräch der beiden Damen stören soll. Ich entscheide mich für das Gegenteil, lasse den Gedanken in meine innere Sickergrube fallen und genieße die Folge dieser Entscheidung: das weiterhin nette Sommerfest am Sommerfeuer.

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