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Sonntag, 15. Oktober 2023

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Besuch einer kirchlichen Veranstaltung, angesiedelt irgendwo zwischen klassisch-musikalischer Erbauung und religiöser Besinnung. Und da ist sie wieder: diese beeindruckende und zugleich irritierende christliche complexio oppositorum, dieses nahezu verzweifelte Bemühen darum, letztlich nur eine gültige Wirklichkeit zu denken und diese Wirklichkeit in und unter einer einzigen Gottheit zu vereinigen, zusammenzuhalten.
Gerade noch Johann Bachs Motette Unser Leben ist ein Schatten, jene eindringliche Erinnerung an die Flüchtigkeit und Nichtigkeit alles Wirklichen, dann, unmittelbar, unvermittelt und letztlich unvermittelbar anschließend, im Angesicht des aktuellen Hamas-Terrors gegen Israel, das flehentliche Friedensgebet. Ein Gebet, das auf eine Wirklichkeit hinaus will, das sich an eine künftige Weltwirklichkeit hängt, die es so nicht geben wird. Die es so nicht geben kann. Weil Wirklichkeit nicht Gott, weil Gott nicht Wirklichkeit ist.
Als complexio oppositorum ist das Christentum verlockend und abstoßend, verzaubernd und enttäuschend zugleich. Die christliche complexio oppositorum ist wesentliche Mitursache für beides: für Aufstieg und Fall des Christentums.

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