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Samstag, 3. Mai 2025

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Auch an Ockham interessiert und beeindruckt mich nicht etwa die vermeintliche oder tatsächliche Wahrheit seines Denkens oder seiner logischen Sätze. Mich interessiert und beeindruckt, was sich bei Ockham wirklichkeitsinterpretatorisch ereignet, was interpretatorisch vor ihm noch nicht möglich war, was nach ihm interpretatorisch unvermeidlich zu sein scheint.
Die Bedeutung Ockhams kann man schlechtweg nicht überschätzen. Ohne seine Umänderung der Denkart, gerade auch ohne seine Verschiebung der Wahrheit vom Wirklichen in den Satz, ist die kantische Verschiebung der Wahrheit vom Objekt ins Subjekt nicht denkbar. Zuvor auch nicht die reformatorische Reduktion der Wahrheit auf das Wort Gottes, danach auch nicht die moderne Funktionalisierung und Instrumentalisierung von Wahrheit.
Dabei gilt für Ockham selbstverständlich das, was für vergleichbar wirkungsstarke Denker auch gilt: Ihre tatsächliche Bedeutung und Wirkung haben sie weder absehen noch wollen können.

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