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Mittwoch, 31. Januar 2024

1009

Irgendwann im Lauf unseres Lebens müssen wir bereit werden, die Verantwortung auch für das zu übernehmen, was andere in unsere Existenz hineingelegt, was andere in uns hinterlassen haben.

Donnerstag, 18. Januar 2024

1008

Bewusstsein ist die Illusion möglicher Freiheit. Vernunft ist die Illusion einer möglichen Einheit des Bewusstseins, zugleich auch die Illusion einer möglichen Einheit der Freiheit. Bewusstsein ist also vor allem die Selbsttäuschung des Bewusstseienden über sich selbst.

Sonntag, 14. Januar 2024

1007

Manche unserer Entscheidungen legen wir in unser Leben wie vereinzelte Puzzleteile auf einen leeren Tisch – von nichts getragen als der gewagten Hoffnung, die übrigen Teile ließen sich noch irgendwo finden und fehlende, unverfügbare Teile würden von wem auch immer noch rechtzeitig hinzugefügt.

1006

Wenn sich die Alten über die Jungen beklagen, dann verweist man gerne auf Sokrates. Er soll die Nachwachsenden seiner eigenen Zeit schon ganz ähnlich beurteilt haben, wie die Alten jeder beliebigen Zeit: „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“
Mittlerweile wissen wir, dass dieser Ausspruch Sokrates fälschlicherweise zugeschrieben wird. Die irreführende Formulierung geht auf eine studentische Arbeit Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Relevant ist an dem Pseudo-Sokrates aber auch lediglich, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll. Man will in relativierender Absicht sagen, dass jede Klage über den Zustand der jeweiligen Jugend überflüssig sei. Diese Klage habe es schon immer gegeben, diese Klage sei schon immer gleichen Inhalts gewesen, und bislang habe sich noch immer alles, was man beklagt habe, im Laufe des Alterns verflüchtigt.
Das mag richtig sein. Was aber, wenn dem Altern und dem Alter die klärende und vereinigende Metaphysik abhandenkommt? Was also, wenn das, was man aufgeklärte Mündigkeit nennen könnte, keine halbwegs sichere Größe mehr ist? Mehr noch: Was, wenn das, was der Jugend eigentümlich ist – die Suche des Eigenen, damit zugleich auch die Kritik des Alten – was, wenn diese Eigentümlichkeit zur Eigentümlichkeit auch der Alten wird, wenn sich die Alten dem Primat der Jugend unterwerfen, wenn die Alten ewig Suchende bleiben?

Freitag, 12. Januar 2024

1005

In dieser Woche wieder einem dieser Menschen begegnet, die Wissen mit Wahrheit verwechseln. Sie häufen Wissen an wie Kapital und sind davon überzeugt, damit auch in Wahrheitsfragen zahlungsfähig zu sein. Ein Irrtum.

Samstag, 6. Januar 2024

1004

Eine These: Erst der reformatorische Gnadenbegriff eröffnet ein eher funktionales Verständnis des Menschen.

1003

Nicht eine Idee, die im Laufe ihrer Interpretations- und Wirkungsgeschichte nicht auch in ihr Gegenteil verkehrt worden wäre. In gewissem Sinne ist dies eine Beobachtung, die hoffen lässt.

Montag, 1. Januar 2024

1002

Weil sie ihm auf ihre Weise folgt, habe ich unserer jüngsten Tochter – zunächst eher scherzhaft – vor einiger Zeit angekündigt, demnächst einen kleinen Eintrag zu Harry Styles verfassen zu wollen. Eine Weile habe ich diesen Gedanken vor mir hergeschoben, weil mir noch nicht wirklich klar war, was ich überhaupt sagen will. Nun hat mich die Begegnung mit der paulinischen Losung für das Jahr 2024 auf die Spur gesetzt: Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen (1 Kor 16,14). Harry und Paulus? Vielleicht lässt sich daraus ein Gedanke gewinnen.