Keine der beiden Naturen werden wir jemals los, weder von der einen noch von der anderen Natur können wir uns befreien, beide Naturen – ihre jeweiligen Geltungsansprüche, ihre Vereinbarkeiten, ihre Unvereinbarkeiten und ihre Ausschließlichkeiten – gilt es dauerhaft zu handhaben, zu moderieren. Und immer dann, wenn wir einer der beiden Naturen Vorrang gewähren, drohen auf der unterdrückten Seite schwerwiegende Verluste. Ein aktuelles Beispiel: Während wir natürliche Geschlechtlichkeit ausschließlich als kulturelles Konstrukt begreifen und dieses Konstrukt in einer groß angelegten kulturellen Umkonstruktion zu überwinden versuchen, kommen uns die Fähigkeiten und Möglichkeiten abhanden, in unseren unmittelbaren Begegnungen der erstnatürlichen Geschlechtlichkeit selbst noch Räume zu öffnen und ihre Geltungsansprüche auf geeignete Weise zu befriedigen. Das hat Folgen, die wir kaum wollen können.
Samstag, 2. Juli 2022
851
Natur rettet nicht und Natur lässt sich nicht retten. Dies gilt für unsere erste wie für unsere zweite Natur, für unsere vorfindliche wie für unsere konstruierte Natur, für das also, was wir Kultur nennen, für unsere – wenn man so will – ideellen wie materiellen Behausungen. Insbesondere ist die vorfindliche nicht Rettung vor der konstruierten und die konstruierte nicht Rettung vor der vorfindlichen Natur. Wer vor der einen Natur in die andere zu fliehen, wer die eine Natur mit der anderen zu beherrschen versucht, wird früher oder später scheitern.
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