Dass wir uns in unserer aufgenommenen Stimme nicht wiedererkennen, ist ein bekanntes und erklärbares Phänomen. Anders als unsere Zuhörer, hören wir uns selbst beim Sprechen nicht nur äußerlich, sondern zugleich auch innerlich, vermittelt über die Schädelknochen auch über unser Innen- und Mittelohr. Der Knochenschall verändert für uns selbst die Frequenz unserer Stimme, sie klingt uns tendenziell tiefer als anderen, als bloß äußerlichen Hörern. Wenn wir uns dann, etwa in elektronischen Aufnahmen, so hören, wie andere uns hören, sind wir uns plötzlich selbst merkwürdig fremd.
Ein hilfreiches Bild, eine hilfreiche Analogie. Die Differenz der Stimmwahrnehmung und die daran hängende Irritation lässt sich ausdehnen auf die Differenz der Wahrnehmungen überhaupt. Zum einen: Wir sind anders, als wir uns selbst wahrnehmen, und andere nehmen uns anders wahr, als wir uns selbst wahrnehmen. Zum anderen: Wenn wir andere wahrnehmen, dann sind diese anders, als wir sie wahrnehmen. Und nicht allein das. Sie sind anders anders. Vorsicht also bei der Selbst- und bei der Fremdwahrnehmung. Vorsicht vor allem bei der Feststellung dessen, was Wahrheit sein könnte. Irritierbar und irritierend bleiben - das muss wohl die Devise sein.
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