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Samstag, 23. November 2019

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„Man kann und darf das letzte Wort nicht vor dem vorletzten sprechen“ (Dietrich Bonhoeffer). Zunächst ein Satz wie ein banaler Kalenderspruch, zur beliebigen Interpretation freigegeben. Tatsächlich aber eine bittere Diagnose: Im Weltwirklichen haben wir nur vorletzte Worte. Das letzte Wort ist kein Wirklichkeitswort, kein Wort, das wirklich sein könnte. Im Wirklichen steht uns kein letztes Wort zur Verfügung. Noch nicht einmal am offenen Grab.
Das ist das Nichts, mit dem sich auch Karl Barth konfrontiert sah. Seine (ganz moderne) Antwort: Konstruktion einer positiven Als-ob-Religion. Formulierung eines fiktiven letzten Wortes, damit überhaupt etwas Positives, etwas Gültiges zu sagen bleibt. Barth hätte die Unsagbarkeit des Letzten besser noch eine Weile schweigend und leidend erduldet. Er war dem Wort der Ungültigkeit wieder sehr nahegekommen (Römerbriefkommentar). Und seine Zeit hätte des Ungültigkeitswortes dringend bedurft.

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