Heute Nachmittag. Ich bitte unsre jüngste Tochter darum, die Figuren der Krippe aufzustellen. Mit leichtem Augenzwinkern meint sie, sie wisse doch gar nicht, in welcher Ordnung die Figuren zu stehen hätten. Sie könne die Figuren ruhig so anordnen, wie sie es für passend halte, sage ich. „Bei uns kann Maria auch ruhig draußen neben dem Stall stehen, weil ihr übel ist von der schlechten Luft da drinnen und weil ihr die vielen fremden Kerle auf die Nerven gehen.“ Später stehen die Figuren dann doch eher so, wie man es gewohnt ist. Eine Kleinigkeit ist allerdings verschoben: Das Licht von der Stalldecke scheint auf Josefs Hinterkopf. Der Säugling im Futtertrog liegt damit im Schatten. „Religiös falsch, weil das Gesicht des Heilands nicht strahlt“, so mein Einwand. „Tatsächlich aber natürlich ganz richtig. Wer käme schon auf die törichte Idee, einen neugeborenen Säugling den ganzen Abend mit einem hellen Strahler anzuleuchten.“ „Habe ich absichtlich so gemacht“, behauptet meine Tochter. Wieder mit einem leichten Augenzwinkern.
Wenn schon Tradition, wenn schon Ästhetik, dann doch immer mit einem deutlichen Bewusstsein für die (unendliche) Differenz zwischen Erzählung und Wirklichkeit. Und manchmal reicht da schon ein leicht verschobener Josef.
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