Freitag, 24. Februar 2017
236
Es liegt eine paulinische, marcionitische, reformatorische Aufgabe vor uns: die Aufgabe, den abrahamitischen (reservativen) Glauben aus der religiös-metaphysischen Gefangenschaft zu befreien, aus der Gefangenschaft jüdischer, griechischer, römischer Religion und Metaphysik, die im abendländischen Christentum zueinander finden und heute in säkularer Gestalt auftreten.
235
Botox ist eine Spätfolge des Christentums.
Donnerstag, 23. Februar 2017
234
Gestern Abend habe ich in der Freien evangelischen Gemeinde München Südost (Ottobrunn) einen Vortrag zur neuen philosophischen Paulusrezeption gehalten. In einer leicht gekürzten Fassung steht er hier als mp3 zum Download zur Verfügung (es öffnet sich ein neues Fenster, der Download beginnt in der Regel automatisch).
Sonntag, 19. Februar 2017
233
Leiden ist nicht nur eine Frage des Schmerzes, sondern auch eine Frage der Interpretation. Wir leiden auch, weil unsere Interpretation nach einer anderen Zeit und nach einem anderen Raum verlangt – jenseits des Hier und Jetzt. Leiden ist also immer auch die Sehnsucht nach Verantwortungslosigkeit, danach, von der Antwort auf das Hier und Jetzt los zu sein.
Samstag, 18. Februar 2017
232
Freiheit (relative Wirklichkeitsunabhängigkeit) lässt sich nicht finden. Freiheit ist ein Ereignis, das findet, das statt-findet, das seine Statt findet. Eine bittere Botschaft für jene, die Unfreiheit tragen und ertragen müssen. Gegen Unfreiheit gibt es kein Mittel.
Freitag, 17. Februar 2017
231
Kants Entwurf „Zum ewigen Frieden“ gründet in einem Akt der vorbehaltlosen Unterbrechung, in einem Augenblick der bedingungslosen Suspension aller natürlichen, politischen, rechtlichen und sonstigen Kausalitäten (erster Präliminarartikel). Von diesem Augenblick, der sich als Augenblick der Gnade begreifen lässt, ist alles Weitere abhängig. Wie dieser Augenblick gedacht wird, wie von ihm ausgehend das Politische gedacht wird, ist entscheidend.
230
Unmündigkeit (Unfreiheit, Gefangenschaft in den Wirklichkeitsgesetzen) ist allzu bequem, solange es Menschen gibt, die bereit sind, die Wirkungen und Folgen zu dämpfen oder gar aufzufangen.
Samstag, 4. Februar 2017
229
Wahrheit ist eine bewusste oder unbewusste Verabredung von Menschen über eine gemeinsame Interpretation dessen, was gelten soll. Und das ist das Problem jeder Wahrheit: Gemeinsame Interpretationen sind allenfalls ein bloß oberflächliches als ob, und gemeinsame Interpretationen sind in Bewegung – nicht zuletzt, weil Sprache und Kultur in Bewegung sind.