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Montag, 12. Februar 2024

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Physiker sagen uns, es gäbe keine Zeit. Es gäbe lediglich Veränderung im Raum. Das macht unseren Begriff von Wirklichkeit wankend. Was aber, wenn wir noch weiter gehen müssten? Was, wenn es auch keinen Raum gäbe? Wie ließe sich Wirklichkeit dann noch begreifen? Wirklichkeit wäre dann vielleicht noch dies: eine Mannigfaltigkeit unausgesetzt sich wandelnder Relationen. Damit ließe sich Wirklichkeit aber allenfalls noch bezeichnen, nicht mehr begreifen.

Anmerkung eins: Spätestens seit Kant wissen wir, dass es Zeit und Raum nicht an sich gibt. Es gibt sie nur für uns. Zeit und Raum sind (a priori) gegeben mit der menschlichen Vernunft. Zeit und Raum sind (reine) Formen der Anschauung und damit Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt. Man könnte auch sagen: Zeit und Raum sind a priori gegebene, unvermeidliche und notwendige Fiktionen unseres Bewusstseins. Irreführend, gar gefährlich ist allerdings erstens: die Vorstellung, Zeit und Raum als Fiktionen unseres Bewusstseins seien einfältig, unwandelbar und identisch. Zweitens: die Vorstellung, Zeit und Raum als Fiktionen unseres Bewusstseins seien Bedingungen der Möglichkeit wahrer Erkenntnis. Irreführend und gefährlich sind diese Vorstellungen, weil sie Universalität und Wirklichkeitsmächtigkeit als Möglichkeit verheißen.

Anmerkung zwei: Ist die Bezeichnung der Wirklichkeit als Mannigfaltigkeit unausgesetzt sich wandelnder Relationen halbwegs angemessen, dann müssen Versuche, der so bezeichneten Wirklichkeit natürliche oder moralische Gesetze zu entnehmen, die so bezeichnete Wirklichkeit mit Hilfe natürlicher oder moralischer Gesetze zu handhaben, früher oder später unvermeidlich scheitern. Derartige Versuche haben allenfalls eine mittlere Kraft und Reichweite.

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