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Freitag, 4. März 2022

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Es ist wieder Krieg in Europa. Was in dieser Lage auch gesagt werden muss, was derzeit leider nur von jenen gesagt wird, mit denen ich interpretatorisch und politisch nichts gemein habe: Die Politik des Westens ist wesentlich mitverantwortlich für die Bedingungen, unter denen sich dieser Krieg anbahnen konnte. Ursachen haben Wirkungen, und Wirkungen sind Ursachen für weitere Wirkungen. Russlands Krieg gegen die Ukraine ist auch eine Wirkung der moralgesättigten Expansionspolitik des Westens in den vergangenen 30 Jahren, einer globalen Genesungspolitik, die den Westen immer wieder in die selbst gestellte normative Falle hat tappen lassen, die zugleich aber in ihrer Selektivität immer auch merkwürdig und unübersehbar verwoben war mit handfesten Absichten nicht-normativer Art. 

Wenn sich nun, angesichts des Krieges in Europa, tatsächlich an unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik etwas ändern soll, dann scheint es mir geboten, nicht zuletzt von dieser Weltgenesungspolitik Abstand zu nehmen. Es wäre zuträglich, den interpretatorischen Zugang zu einer Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu suchen, die sich deutlich zurückzunehmen verstünde, die sich allein noch den Zweck setzen würde, die Existenz derjenigen defensiv zu sichern, für deren Existenzsicherung ihr unmittelbar Verantwortung übertragen wurde. Existenzsicherung müssten diese Politik und die dafür aufgestellten Streitkräfte dann aber auch robust und professionell gewährleisten können.
Eine Politik der defensiven Existenzsicherung hätte erhebliche Konsequenzen bis hinein in die Strukturen, nicht zuletzt auch bis hinein in das Selbstverständnis der Streitkräfte. Letztlich, darauf weise ich seit Jahren hin, wäre der Abschied von Bürgerarmee und Bürgersoldat unvermeidlich. Dieser Weg scheint mir derzeit jedoch noch versperrt zu sein. Gerade auch in der Führung der deutschen Streitkräfte finden sich noch allzu viele Köpfe, die die politische Welt durch eine im Kalten Krieg vorgezeichnete bürgerliche Schwarz-Weiß-Folie anschauen.

Ergänzender Hinweis: Es gibt Leid in dieser Welt, für das wir (militärisch) nicht zuständig sind, für das wir (militärisch) nicht allein deshalb verantwortlich sind, weil wir davon wissen und weil wir über die Mittel verfügen, es zu lindern.


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