Mittwoch, 12. Februar 2020
589
Ein immer wieder irritierender und beunruhigender Gedanke: die Grenze unserer Sprache, oder allgemeiner: die Grenze unserer Bezeichnungen und Symbolisierungen könnte die Grenze des Wirklichen sein. All unser Wissenschaffen ist letztlich nichts anderes als der panische, auf Bemächtigung ausgerichtete Versuch, nichts, was wirklich sein könnte, im Unwirklichen (weil nicht bezeichneten, nicht symbolisierten) zu belassen. Was uns unser Wissenschaffen allerdings vor Augen stellt, ist nicht etwa Fülle des Wirklichen und möglich Macht über das Wirkliche, sondern Nichtigkeit des Wirklichen und tatsächliche Ohnmacht angesichts des Wirklichen.
588
Unsere jeweilige Moral ist (auch, vielleicht sogar ausschließlich) Ausdruck unserer jeweiligen Triebstruktur. Der Zweck dieses Ausdrucks kann grundsätzlich sein: Rechtfertigung oder Überwindung. Mit unserer Moral mühen wir uns (bewusst oder unbewusst) darum, unsere je eigene Triebstruktur zu entschuldigen oder zu bekämpfen.