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Donnerstag, 13. September 2018

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Interpretationen, die aus Suche, nicht aus Neugierde geboren, die im engen Austausch mit der Existenz gewonnen, die geworden sind, lassen sich nicht wechseln oder ablegen wie Kleidungsstücke. Vor vielen Jahren hat mich ein alter katholischer Kirchenhistoriker vor meiner Weise, denkend zu leben und lebend zu denken, eindringlich gewarnt. Hinter bestimmte Erkenntnisse, so sagte er damals, kann man nicht mehr zurück. Er hat Recht behalten.

Schmerzhaft ist diese Wahrheit, wenn die gewordenen Interpretationen nicht die sind, die man zu finden erwartet und vor allem erhofft hat. Dann steht nämlich Natur gegen Interpretation, natürliches Sehnen gegen existenzielle Erkenntnis. Meine Natur wünscht sich das repräsentative Ereignis, zumindest die repräsentative Transformation. Und sie fordert die repräsentative Uminterpretation der Weltwirklichkeit geradezu ein. Aber der Rückweg in diese Interpretation ist mir unmöglich geworden.
Momentan habe ich den Eindruck, dass man in dieser unendlichen Differenz von Natur und Interpretation nur verstummen kann. Die Entdeckung meiner Suche nach eine reservativen Sprache wäre dann die Sprachlosigkeit. Aber „wie nicht sprechen“ (Derrida)? Wie lässt sich das Unsagbare Versagbaren, wie lässt sich das Sagbare Verunsäglichen? Und dies alles unter dem unwiderstehlichen Druck eines Verstummungsverbotes? Wie sehr ich die Repräsentativen beneide, vor allem die repräsentativen Theologen. Sie stehen allein vor der Frage nach dem „wie sprechen“. Und diese Frage lässt sich beantworten.

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