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Freitag, 17. September 2021

782

Wer trägt, wer hält mich? Niemand.
Was trägt, was hält mich? Nichts.
Lediglich meine Interpretation, meine Fiktion, mein Glaube.
Der Augenblick dieser Entdeckung ist der Augenblick zwischen Verzweiflung und Mündigkeit.

781

Wir sind Produkte und halten uns für Konstrukteure.
Wir können nicht anders als anzunehmen, wir seien Konstrukteure.
Beides gilt zugleich.

Sonntag, 12. September 2021

780

Wer bin ich? Der, der ich jeweils für den anderen sein muss. Oder will.

779

Es befremdet mich, es stößt mich ab, wenn ich von Menschen als Reaktion auf meine Praxis, die ihnen zugute kommt, Wertschätzung oder Dankbarkeit erfahre. Zumindest dann, wenn Wertschätzung oder Dankbarkeit von jenen geäußert wird, die mir unmittelbar nahe sind, denen ich mich unmittelbar verbunden habe. Zum einen fühle ich mich damit fälschlicherweise in die übliche Gültigkeitsmechanik von Geben und Nehmen einsortiert. Zum anderen haben Wertschätzung oder Dankbarkeit immer etwas funktional Steriles an sich. Und diese Sterilität wird der willentlichen Personalität meiner Praxis in keiner Weise gerecht. Sie liegt mit ihr geradezu im Streit.

778

Eine weitere Beobachtung zum Böckenförde-Diktum (siehe Nr. 21 und 595). Zunächst: Nie zuvor in der Geschichte des modernen Staates war die Präsenz des Öffentlichen unmittelbarer, nie zuvor war die einflussnehmende Macht des Öffentlichen größer als heute. Dann: Nie zuvor war das Öffentliche unabhängiger vom Staat, nie zuvor war es der Kontrolle und Steuerung durch den Staat so deutlich entzogen. Und schließlich: Nie zuvor war das Öffentliche flüchtiger, nie zuvor war seine Bewegung so unberechenbar wie heute.
Im Angesicht dessen meine Frage: Wo um alles in der Welt sollen die Kinder dieser Öffentlichkeit das noch hernehmen, worüber sie um der Existenz des modernen Staates Willen verfügen müssen? Die Kraft des Nicht-Öffentlichen vermag hier zweifellos kaum noch etwas auszurichten. Zumal das Nicht-Öffentliche immer auch ein Produkt des Öffentlichen ist und zunehmend sein wird.

Mittwoch, 8. September 2021

777

An sich ist alles Wirkliche bedeutungslos. Das heißt aber nicht, dass es uns nichts mehr zu sagen hätte. Vor Jahren habe ich in der Auseinandersetzung mit der Matrix-Trilogie formuliert, der Glaubende müsse ein Meister des Gesetzes werden. Es gilt, das Wirkliche in seiner Verfügbarkeit, vor allem aber auch in seiner Unverfügbarkeit gebrauchen zu lernen. In diesem Sinne, zu diesem Zweck muss uns das Wirkliche unausgesetzt Aufklärung und Belehrung sein.