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Freitag, 10. Juli 2020

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Wie kann man unter den werdenden, sich aufheizenden politischen und sozialen Bedingungen noch öffentlich ideologiekritisch sein? Zumal dann, wenn man die gegenwärtigen politischen und sozialen Systeme, sofern sie als Ideologien, als sich selbst verabsolutierende Heilslehren auftreten, in seine Kritik einschließt?
Auf ganz unterschiedlichen Interpretationswegen kann man sich in analogen Diagnosen begegnen – und sich dann wieder, in den jeweiligen Folgerungen, weit voneinander entfernen. In Momentaufnahmen kann also Ungleiches gleich erscheinen. Beispiel: die Kritik des Apokalyptikers und die Kritik des Verschwörungsmythologen. Nun kennt aber das fiktive Subjekt, das wir Öffentlichkeit nennen, in Zeiten von Social Media kaum noch etwas anderes als Momentaufnahmen. Es fragt nicht nach Herkunft und Zukunft, nicht nach Gründen und Schlüssen. Es differenziert nicht, es verallgemeinert. Es macht aus Ungleichem Gleiches.

Wie also noch öffentlich kritisieren, ohne durch das Subjekt Öffentlichkeit mit Ungleichen verglichen zu werden? Das „flieht in die Berge“ wird tatsächlich zur verlockenden Option.

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