Samstag, 26. Oktober 2019
544
Es gibt unterschiedliche – wie soll ich sagen – Ausdrucksformen dessen, was wir Denken nennen. Mir erscheint folgende grobe Differenzierung halbwegs treffend:
Sonntag, 13. Oktober 2019
543
Eine Mühe des Denkens, der man sich stellen muss, wenn man das, was man da tut, tatsächlich Denken nennen will: viele mögliche Wege des Denkens bis zu ihren Voraus-Setzungen zurück und bis zu ihren Konsequenzen hin voraus verfolgen, um zu entdecken, dass die jeweiligen Voraus-Setzungen und Konsequenzen grundsätzlich nicht (mehr) gewollt sein können, oder dass wir selbst die jeweiligen Voraus-Setzungen und Konsequenzen nicht wollen können, dass also die verfolgten Wege des Denkens nicht die eigenen sind.
Samstag, 12. Oktober 2019
542
Die Entscheidung für Abel gegen Kain ist die Entscheidung für das Fragment gegen das Universale, die Entscheidung für das Einzelne gegen die Masse, die Entscheidung für die Pilgerschaft gegen die Verwurzelung, die Entscheidung für die Demut gegen die Selbstbehauptung, die Entscheidung für die Ungültigkeit gegen die Gültigkeit. Wer Kain wählt und nicht Abel, der wählt unvermeidlich Abels Tod.
Gedanke nach dem Besuch des Münchener Oktoberfestes: Massen lassen sich bändigen allein durch massive Kanalisierung. Die politische Entscheidung für die Demokratie ist keine Entscheidung für den Einzelnen, sondern für die Masse. Die politische Neigung zur Radikaldemokratisierung ist die Neigung zur Vermassung ohne Kanalisierung. Ein gewagtes Experiment.
541
Es ist skurril: Unter veränderten Bedingungen bin ich herausgefordert, die Figur des als ob nicht noch einmal neu zu wenden. Gewissermaßen gegen sich selbst. Es gilt, ein als ob nicht des als ob nicht zu – ja was eigentlich? Zu realisieren? Wenn ja, dann aber nicht im Sinne eines subversiv und destruktiv sich einschleichenden und durchsetzenden als ob (wie etwa im werdenden römischen Christentum), sondern im Sinne einer Suche nach dem Besten der Stadt in quasi-babylonischer Gefangenschaft (Jer 29,7).
Samstag, 5. Oktober 2019
540
Der reservativ Interpretierende ist, wo auch immer er ist, unvermeidlich der Andere. Die Anderen sind dort, wo er jeweils ist, lediglich anders anders. Es ist also letztlich gleich-ungültig, wo er ist. Es gilt lediglich, im jeweiligen Hier und Jetzt ein jeweils anderes Anderes reservativ zu handhaben.
539
Reservative Interpretation eröffnet in der chaotischen Vielfalt des Wirklichen eine neue Einfältigkeit, eine neue Einfalt des Entscheidens.